Eine Weile war es ziemlich still um David Marlo Conrads. DMC; die furchtlose Rail-Maschine, der designierte Wahnsinnige der deutschen Skateboard-Landschaft, der Letzte seiner Art. „Erlebt David Conrads“, heißt es in der Einleitung zu seinem MSM-Interview 2001, „solange er noch lebt.“ Ein berechtigter Einwand, denn mindestens zweimal hat David sich auf dem Skateboard fast umgebracht. Über die Jahre wurde es ruhiger um ihn – auch, wenn er selbst kein bisschen ruhiger wurde. Zwar immer mal wieder ein Photo in diesem Magazin, aber oftmals ein unstetes Leben auf Sofas, Parkbänken und aus der Reisetasche, dazu Drogenprobleme und kein Gedanke an morgen – der mitunter selbstzerstörerische Gegenentwurf zum klassischen bürgerlichen Leben.
Wir haben David in Barcelona erreicht, wo er daran arbeitet, die Dinge schließlich doch in den Griff zu kriegen und langsam den Spaß auf dem Skateboard wiederentdeckt. Erlebt David Conrads.
Im Heft haben wir leider vergessen zu erwähnen, dass David neben Minus Skateboards und Cleptomanicx auch noch von Autobahn Wheels und dem Mantis-Skateshop gesponsert wird, deshalb holen wir das hiermit nach.
[Interview: Oliver Tielsch | Seq: Hendrik Herzmann | Portrait: Julien Deniau ]
Kaum den Hörer abgenommen sprudelt David los und nach einem kurzen perplexen Moment sucht mein Zeigefinger hastig den roten Knopf auf dem Diktiergerät.
„ … ich bin jetzt seit vier oder fünf Monaten nicht richtig geskatet, weil es auch einfach nicht ging – mental und mit meinem Dad und so. Jetzt bin ich im Kopf wieder klar und hau’ mir direkt das Knie an, das ist auch scheiße. Ich muss jetzt erstmal wieder reinkommen. Ich hab jetzt gerade neue Bretter gekriegt und werde die nächsten zwei Wochen nochmal richtig Gas geben.
(…)
Du hast also eine richtige Skate-Pause hinter dir. War das verletzungsbedingt?
Ich hatte Verletzungen und es war überhaupt viel los. Die ganze Scheiße mit meinem Dad, der seit eineinhalb Jahren mehr oder weniger im Sterben liegt. Ich befürchte, dass es in ein paar Monaten soweit sein wird, dann kommt nochmal eine ganze Menge auf mich zu. Ich habe in den letzten vier Monaten bei meinem Papa gelebt – du kannst dir nicht vorstellen, was da los war. Ich hab auf ’ner Couch gepennt, die ’nen halben Meter zu klein ist und musste zusehen, wie es ihm jeden Tag schlechter ging.
Du hast mittlerweile einen Job bei Clepto, nicht wahr? Was machst du da?
Ja, ich mach da grade so ein bisschen Handelsvertreter-Assistenz in Köln. Ich würde den Job gerne auch fest machen, aber das ist alles noch ein bisschen im Aufbau. Ich muss erstmal an den Start kommen; immerhin lebe ich immernoch aus Taschen und habe eine lange lange Zeit überhaupt kein festes Einkommen gehabt. Dieses ganze geregelte Leben, eine Wohnung, ein regelmäßiges Gehalt und sowas – das hab ich alles ein paar Jahre nicht gehabt. Bei mir war nichts geregelt (…)
Mit Mark in Barca herrscht doch bestimmt auch eine andere Stimmung als zuhause?
Ja voll, genau so ist das. Mark hat mir echt ein bisschen die Motivation wiedergegeben, die ich zuhause verloren habe. Ich meine, ich träume wieder vom Skaten – das sagt ja schon alles!
(…)
Früher warst du ziemlich kopflos unterwegs – einfach vollgas und mal sehen, was passiert.
Ja klar, aber Skaten ist ja immer auch ein Ausdruck von deiner Persönlichkeit. Manchmal geht man auf Mission und manchmal nur so zum Spaß skaten. Manchmal bist du am schreien, manchmal am Lachen, manchmal am Weinen. Du drückst aus, was du mit dir herumträgst und kannst durch Skaten auch viel davon verarbeiten. Bei mir war so unglaublich viel Wut in meinem Leben, ich hatte so viel Wut in meinem Kopf, dass das stumpf aus mir rausgekracht ist.
So wie bei dem Drop-in am Kreuz vom Black-Cross-Bowl in Basel?
Das war schon alles ein bisschen masochistisch veranlagt. Ich habe mich richtig hart verletzt und mich trotzdem kaputt gelacht. (…)
(…)
Du hast eine Menge rausgekehrt, oder?
Ja! Und ich bin froh, dass die Drogen endlich aus meinem Körper raus sind. Ich kann mir wieder vorstellen, dass ich alt werde (…)
Danke für das Interview, David, und alles Gute für die Zukunft.
David fährt für Minus Skateboards, Cleptomanicx, Autobahn Wheels und Mantis-Skateshop. Das Clepto-Video „Rollen AAller 3“ feiert am 2. Juli in Hamburg Weltpremiere.
// Das volle Interview mit allen Photos, allen Sequenzen und allen Quotes findet ihr in gedruckter Form in MSM #299
Share