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Interviews

Checkout – Tabo Löchelt

Wir haben uns mit Tabo über seine Zeit in Südafrika, seine Größe und den Winter in Berlin unterhalten. Checkt hier das volle Interview!

Tabo Löchelt, das sind 195 cm Lebensfreude – in unaufgeregt. Der Mangel an Aufregung zeigt sich in fast allen Bereichen seines Lebens. Wir wissen zum Beispiel von niemandem, dem es je gelungen wäre, Tabo zu erschrecken. Außerdem ist er, ohne mit der Wimper zu zucken, nach Berlin gezogen – Johannesburg kann ja jeder, quasi –, wofür man ja auch ein bisschen in sich ruhen muss. Aufregend wird es, wenn er in der Trickkiste kramt. Und Dinge auspackt, die ihm viele bei seiner Körpergröße nicht zutrauen. Pff – was wisst ihr schon?

Gap to 5–0 – Foto: Dennis Scholz

MSM: Tabo, die Basics zum Start?

Tabo: Ursprünglich bin ich aus Oldenburg. Mein Vater hatte von früher noch ein Fishboard im Keller. Als ich zehn war, sind wir nach Münster gezogen. Fünf Minuten vom Skatepark Gievenbeck, so ein Concrete-Rudolph-Ding…

MSM: … das „Abflussbecken“.

Tabo: [lacht] Genau. Dort hat es Klick gemacht. Die ersten zwei Jahre bin ich nur dort gewesen.

MSM: Jetzt sitzen wir in Hamburg. Mike Brauer ist bei uns.Wie groß seid ihr beide eigentlich?

Tabo: 1,95.

Mike: Zwei Meter.

MSM: Wow. Tabo, wenn du in Hamburg bist, hängst du immer mit Mike. Woher kennt ihr euch?

Tabo: Über den WE-Cup, so eine Contest-Serie in Nordfriesland vor ein paar Jahren.

Mike: Ostfriesland!

Tabo: Sorry! 2014 kam Mike auch nach Münster, 2015 bin ich wieder weg. Aber in dem einen Jahr waren wir jeden Tag zusammen skaten. Und seitdem sind wir immer wieder unterwegs. Über die Titus Münster Connection gehen wir ab und an auf Tour.

MSM: Nicht selbstverständlich, dass ein Kontakt so bleibt.

Mike: Ist halt auch cool, sich immer wieder aneinander zu messen!

MSM: „Du bist immer noch nur 1,95“ – Tabo, zieht dich Mike manchmal auf, weil du so klein bist?

Tabo: Tatsächlich höre ich oft: „Krass, bist du groß!“ Fällt mir natürlich nicht so auf. Aber wenn ich

Mike sehe, denke ich: „Okay, der ist groß…“

MSM: Ab einer bestimmten Größe denken viele, man könne nicht mehr so gut skaten. Aber dann sieht man Mike und dich…

Mike: Wir haben auf jeden Fall ordentlich Beinfreiheit, da passt das Board dreimal durch…

Tabo:Vielleicht auch mehr Sprungkraft, wer weiß.

MSM: Hat dich die Größe irgendwie gebremst?

Tabo: Kann ich gar nicht so einfach beantworten, für mich ist das ja normal. Da ist es wahrscheinlich gut, dass ich früh angefangen habe, oder wir beide. Da verinnerlicht man die Bewegungen.

MSM: Definitiv.Was sind deine Lieblingstricks, was inspiriert dich? Du hast ja ein sehr eigenes Repertoire.

Tabo: Danke! Ich fahr gerne Rails. Front Feebles, Switch- Geschichten.

Mike: Damals bei den Contests, beim WE-Cup, da hieß der Backside 50 am Rail auch Tabo Grind. Ist ja schon eklig an einem runden Rail. Tabo hat den immer an diversen runden Rails gezaubert, da hieß der dann so.

Tabo: Inspiration… Wir hatten bei Titus Münster oft Video- premieren. Da ist Emericas „Stay Gold“ rausgekommen, so zwei, drei Jahre, nachdem ich richtig angefangen hatte. Reynolds und Herman, große Gaps und Rails. Dann Ishod Wair, Louie Lopez. Ich könnte tausend Namen nennen.

MSM: Im letzten Monster war dein Intro­Ding. Jetzt kommen wir wieder und haben dein Am­„Checkout“. In der nächsten letzten Ausgabe ist dann dein Pro­Spot­ light! Aber zum Thema: Du bist ja nicht von Münster direkt nach Berlin gezogen.

Tabo: Nach dem Abi in Münster kam der Klassiker: nicht recht gewusst, was man jetzt anfangen will mit dem Leben. Aber mir war schon klar, dass ich erst mal Bock hatte, weiter zu skaten und die Welt zu sehen.

MSM: Wurdest du da schon gesponsert?

Tabo: Titus Münster. Das fing an, als ich 16 war. Nach der Schule habe ich ein FSJ gemacht über eine Organisation mit Partnerprojekten in der ganzen Welt. Meine Mutter ist ja aus Südafrika, deswegen war ich auch mal da gewesen.Wahnsinnig vielfältige Kultur, die Menschen, die Natur. Das wollte ich besser kennenlernen. Dafür war das FSJ super. Das Prinzip ist, dass man in einem sozialen Projekt vor Ort arbeitet und dafür eben Kost, Logis, Hin- und Rückflug bezahlt bekommt sowie ein kleines Taschengeld. Also hat es mich für ein Jahr nach Johannesburg verschlagen.

MSM: Also scheißt auf die Bundeswehr, macht ein Soziales Jahr. Geht nach Johannesburg, das ist safer… Mike: Du wurdest aber auch mit ’ner Waffe abgezogen, oder? Handy weg?

Tabo: Das auch. Aber das war ein sehr prägendes Jahr. Ich wusste, dass man übers Skaten viele Leute kennenlernt. Aber ich hatte keinen Plan, was da so geht. Zu merken, wie herzlich ich in der Skateszene aufgenommen wurde, wie viele motivierte Skater es dort gibt… Da dachte ich: „Wow, Skateboarding ist echt etwas, was Menschen über den ganzen Globus verbindet!“ Man lernt direkt Leute kennen. Die zeigen einem alles.

MSM: Bist schließlich kein Tourist.

Tabo: Genau. Dadurch, dass ich ein Jahr lang dort und auch in diesem Projekt gewesen bin; das war so eine Schule mit Nachmittagsbetreuung.Wir haben in der Schule geholfen und dann am Nachmittag Hausaufgabenhilfe gegeben. Ich war einmal die Woche mit den Kids im Skatepark und am Wochen- ende mit den Homies unterwegs. Da sind echte Freundschaf- ten entstanden. Kani hat ein paar Jahre in Berlin gewohnt. Lamini ist jetzt nach Berlin gezogen. Ich habe viel gelernt.

MSM: Ging’s von da direkt nach Berlin?

Tabo: Nicht direkt. Danach war ich wieder an diesem Punkt: wie weiter? Das ist aber auch eine Sache, die ich dort gelernt habe: Es ist okay, keinen genauen Plan zu haben.

MSM: Ist das gut für dich gelaufen, dein Leben nicht so durchzuplanen?

Tabo: Es war richtig, das so offen anzugehen. Alles, was sich ergeben hat, hat sich am Ende als gut herausgestellt. Man muss sich diesen Superstress nicht machen. Ich bin erst mal zurück nach Münster und habe etwas nebenbei gearbeitet. Ich war viel skaten. Aber dann dachte ich: Okay, jetzt habe ich Lust, was anderes anzufangen und mich mit etwas zu beschäftigen, was nicht täglich mit Skaten zu tun hat…

ES GIBT SOLCHE UND SOLCHE TAGE. ABER DEN ABSPRUNG FINDEN LERNT MAN LEIDER AUCH DADUCH, DASS MAN IHN MANCHMAL NICHT FINDET

MSM: „Okay, ich brauche ein Hobby.“

Tabo: Ja, irgendwie anderen Input. Durch die Arbeit in Südafrika bin ich auf Soziale Arbeit gekommen. Man lernt in dem Studium viele Felder kennen. Als eine Zusage aus Berlin kam, war für mich klar, dass ich da hingehe. Eine große Stadt, viele unterschiedliche Menschen, man kann viel erleben. Jetzt bin ich etwa vier Jahre da.

MSM: Man kann sich in Berlin ja auch wunderbar ablenken. Ich käme mir da verloren vor, und vermutlich wäre ich schnell ein Crackopfer im Rinnstein. Ist das noch so?

Tabo: Das ist immer noch so schlimm – oder schön? Mir hat geholfen, dass ich durch das Studium Struktur hatte. Also klar, nach ner Session geht man in ne Bar, und dann kann es auch mal bis zum Morgen weitergehen.

MSM: Aber dafür ist man im Studium. Dafür wurde das Studium gemacht. Hat schon der Chefkoch bei South Park gesagt.

Tabo: Ist ja auch so ein bisschen vom Typ abhängig. Klar habe ich auch mal Bock, feiern zu gehen, aber ich komme auch immer irgendwie an einem Punkt, wo ich mir denke: „Boah, ich gehe jetzt mal nach Hause.”

Mike: Haha, echt?

MSM: Ich habe bei Tabo auch das Gefühl, dass er weiß, wann Schluss ist.

Tabo: Es gibt solche und solche Tage. Aber das lernt man auch in Berlin: Den Absprung finden. Lernt man aber leider auch dadurch, dass man ihn manchmal nicht findet.

MSM: Jetzt fährst du für Toy Machine.Was noch?

Tabo: Über 24/7 fahre ich Toy Machine, Ace Trucks, Bones Wheels und Bearings und ja, auch weiterhin Titus Münster.

MSM: BonesWheels und Bearings, dann istVern Laird dein Teammanager? Schon mal getroffen?

Tabo: Nee, noch nicht. Das mit 24/7 fing ja erst Anfang 2021 an. Ich kriege auch noch Klamotten von Antics, also eigentlich Hardware, aber ebenfalls Klamotten. Auch cool.

Mike: Wie oft bist du eigentlich gesackt?

MSM: Große Leute sacken angeblich nicht so viel, habe ich heute gelernt.

Tabo: So richtig gesackt? Kann ich mich nicht erinnern.

Mike: An diesem Doubleset Rail?

Tabo: Ahhh ja – Potsdam. Da konnte ich mich aber noch leicht zur Seite drehen. Es ist eher auf den inneren Oberschenkel gegangen, knapp am Sack vorbei.

Mike: Schon mal Blut gepisst?

Tabo: Nee, aber ich bin im Frühling einmal mies auf einem Kinkrail aufs Steißbein gefallen. Zu früh rausgerutscht, und dann unten auf das gerade Stück, Steißbein – bonk.

MSM:Was war dein ekligstes Rail bisher?

Tabo: Eigentlich ist es ein perfektes Rail. Gegenüber vom Ostbahnhof in Berlin am EnergieForum. Ein 14er-Indoor-Rail in einem krass futuristischen Gebäude.

Mike: Fucking Back Lip…

Wallie

Tabo: Genau. Das war in meinem letzten oder vorletzten Part der Ender. Seit ich in Berlin bin, hatte ich dieses Rail im Hinterkopf. Dann war ich ein halbes Jahr in Madrid, und als ich zurückkam, war der Part fast fertig. „Ah, ich brauche noch einen Ender. Das ist das Rail. Das muss jetzt sein.“

Mike: Wie viele Versuche?

Tabo: Zehn bis zwölf. Ich bin gleich zwei-, dreimal reinge- sprungen, hab’s weggekickt, bin unten gelandet, weggerutscht, dann aber drauf gelandet. Aber der Impact… Hab eine Weile gebraucht, den abzufedern und rauszufahren.

Mike:Was kommt als Nächstes?

Tabo: Gerade bin ich ja verletzt. Klassischer Umknicker, Bänderriss.

MSM: Bist du jemand, der brav ausheilen lässt?

Tabo: Sobald ich schmerzfrei laufen kann, steige ich eigentlich wieder aufs Board. Aber diesmal habe ich es mir echt vorgenommen. Ist ja auch Winter.

MSM: Wie überlebt man den in Berlin? Halle?

Tabo: Letztes Jahr war hart, da war ja Lockdown. Man konnte mit Glück einmal pro Woche rein. Die Winter davor war ich zumindest ein bis zwei Monate weg. Und in dem Jahr davor habe ich ein Auslandssemester in Madrid gemacht.

Mike: Was ist dein nächstes Ziel?

Tabo: Ich gebe demnächst meine Bachelorarbeit ab. Dann möglichst ein halbes Jahr einfach nur skaten. Unterwegs sein. Vielleicht nach Südafrika, die Homies besuchen.

Mike: Amerika?

Tabo: Ich war vor zwei Jahren mal da. Long Beach, L.A., San Diego und zwei Wochen San Francisco. Als Skater willst du mal sehen, wie das da abgeht. Ich hätte Lust, noch mal hinzugehen. Aber die USA reizen mich nicht so super.

MSM: Eher unentdeckte Gefilde?

Tabo: Es ist nicht gerade unentdeckt, aber ein Homie aus Brasilien war jetzt drei Wochen in Berlin, und in Südamerika war ich noch nie. Da hätte ich Bock drauf. Inzwischen bemühe ich mich, etwas mehr Kultur mitzunehmen und mir die Natur genauer anzugucken. Nicht nur im Hotel pennen, die Spots fahren und wieder zurück. Das ist zwar auch cool, aber wenn man noch ein Ausgleichsprogramm damit verbinden kann: gerne. Ansonsten so viel skaten, wie es geht. Filmen. Erst mal werde ich noch in Berlin bleiben. Aber dann? Hamburg vielleicht?

MSM: Es gibt diesen Spruch: „Leben ist, was passiert, während man andere Dinge plant.“ Ich glaube, davor ist man als Skater relativ sicher. Die wichtigste Frage ist: „Heute skaten: ja/nein?“ Und ob sich nach Beant­ wortung noch eine Frage stellt, sieht man dann schon.

Tabo: Okay, meistens ist es Ja…

MSM: … und damit hat sich das dann schon erledigt.

Tabo: Definitiv.

MSM: Wie dieses Interview. Geil,Tabo, vielen Dank. Viel Glück auf all deinen Wegen!

Tabo: Danke, Luther!

 

Instagram: @taboplayboy

Text: David Luther

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