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Interviews

Spotlight – Andre Gerlich

 

Als David Luther mich anrief und fragte, ob ich ein Intro für das André­ Gerlich­Interview im neuen MSM schreiben wolle, willigte ich natürlich sofort ein. Immerhin ist André einer unserer langjährigen Teamfahrer vom Boardjunkies Shop. Erst jetzt, da ich hier sitze und etwas schreiben soll, wird mir klar, dass es gar nicht so einfach ist, noch ein paar Infos für euch zu finden, die euch nicht bekannt sind. André ist den meisten aufmerksamen Lesern ja nun schon lange kein unbe­ schriebenes Blatt mehr. Über ihn gab es in den letzten Jahren viel zu sehen und auch viel zu lesen. Ich versuche trotzdem mein Bestes, euch noch etwas Interessantes über ihn anbieten zu können.

André kenne ich schon ziemlich lange. Um ehrlich zu sein, weiß ich gar nicht so genau, wie lange überhaupt. Auf jeden Fall war er damals noch ein kleiner Junge, der mir dadurch auffiel, dass er durch die Skatehalle Walhalla flowte wie sonst kaum einer. Er war schon immer jemand, der anders war. Sein Style, seine Tricks, sein Aussehen. Alles war irgendwie be­sonders. Auf eine Art und Weise, die man gar nicht so richtig in Worte kleiden kann. André bringt mich und wahrscheinlich auch viele andere durch seine Art zu skaten immer wieder zum Staunen und Grinsen. Es macht einfach Spaß, ihm zuzuschau­ en, weil so viel Kreativität in ihm steckt. Man weiß nie, was als Nächstes kommt.

Oft saßen wir mittwochs in der Halle und haben uns die Gerlich Show reingezogen. Da war es meist schon spät in der Nacht. Einige waren bereits damit beschäftigt, beim Gerade­ aus ­Gehen nicht ins Wanken zu geraten. Das war sein Moment, um die Streetfläche alleine auseinanderzunehmen. Wir saßen dann auf der Tribüne und schauten ihm zu. Er hinterließ dabei meist offene Münder und wunde Hände vom Klatschen, weil er auf einmal, wie aus dem Nichts, Tricks auspackte, die man vorher noch nie von ihm gesehen hatte.

Das Verrückte an ihm sind aber nicht die einzelnen Tricks, sondern die Lines, in denen er sie verpackte. Jedes Obstacle, das sich ihm in den Weg stellte, wurde dann zerstört. Teilweise hätte man eine Stecknadel fallen hören können, wenn er sich auf der Quarter positionierte, mit den Händen und im Geiste die Bewegungen durchging, die seine Füße gleich durchführen würden, um dann mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks genau so vorzugehen, wie man es nicht zu hoffen gewagt hätte. Das Schönste an der Sache war aber, dass es eben nicht so aussah wie bei dieser Art Skateboard­Roboter, sondern es mit einer Leichtigkeit vonstattenging, die ihresgleichen suchte.

Warum ich das hier in der Vergangenheit schreibe? Nun, leider sind mir diese Abende in der letzten Zeit aufgrund von Zeitmangel nicht mehr allzu oft untergekommen. Das Schöne an der Sache ist allerdings, dass ich weiß, dass das gar keine Rolle spielt, denn André hat Bock! Er hat so viel Bock und so unfassbar viel Energie, wenn es um Skateboarding geht, dass ich auch in ein paar Jahren noch das Glück haben werde, jederzeit zurückzukommen und mir die Gerlich Show reinzuziehen. André lebt Skateboarding wie kaum ein anderer, den ich kenne, und wir werden noch viel von ihm sehen. Versprochen!

Intro: Marc Hausen / Boardjunkies

1 Bank und Landung direkt vom Mond. Kopfsteinpflaster hätte ihn auch nicht abgehalten. Wallride BS Grab – Foto: Fabien Ponsero

MSM: Wie geht’s dir heute? Wo bist du gerade?

André: Mir geht’s ganz prima! Bin gerade mit den Jungs von Irregular in Kapstadt auf Tour.

MSM: Grüß bitte schön. Und generell? Ich gehe mal davon aus, dass die Laufbahn des gesponserten Skaters – oder gar Profis – nicht von Anfang an Plan gewesen ist. Wenn du dir deinen Lebensweg bis hierhin anguckst, wie geht es dir damit? Und wo geht’s hin?

André: Nein, das war natürlich nicht der Plan. Zu meinen Großeltern habe ich als Kind immer gesagt, wenn ich groß bin, dann wäre ich gerne Rentner. Ich bin happy damit, nicht jeden Tag pünktlich zur selben Zeit irgendwo am Band stehen zu müssen, sondern mir das einigermaßen einteilen zu können.

MSM: Wie bist du zum Skaten gekommen, oder wie kam Skaten zu dir? Flucht nach vorne oder Love at First Sight?

André: Ich habe 2001 angefangen. Da war eh gerade ein Hype wegen „THPS“, Tonys 900° etc. Als ich dann ein paar Leute bei mir im Dorf gesehen habe, die abgingen, hat’s mich geweckt – und da brauchte ich dann auch eins. Seitdem habe ich nicht mehr aufgehört und ich war eigentlich immer und jeden Tag skaten.

MSM: Wie hat sich eure Beziehung dann entwickelt, und was bedeutet Skateboarding dir heute?

André: It’s a lifetime deal.

MSM: Vertragt ihr euch denn so gut? Was hält dein Körper von der Sache, und wie besänftigst du ihn?

André: Ja, ich denke, wir haben uns über die Jahre gut anein­ander gewöhnt. Ich muss mittlerweile schon immer ein paar Dehnungen und Yoga­ Übungen machen, damit alles rund läuft, aber das macht ja auch Spaß.

FS Boardslide Pop-over – Foto: Robert Christ

MSM: Dass du talentiert bist und deine Lernkurve fast eine Vertikale ist, hat man ja schon früh auf Contests gesehen. War dir das zu wenig, dass du dann draußen zu so einem Kombi-Monster geworden bist?

André: Wir sind schon immer hauptsächlich Straße gefahren und haben versucht, das zu bedienen, was wir finden.

MSM: Wie läuft der Spot-Trickfindungsprozess ab? Was passiert da in deinem Kopf?

André: Puhh… Ich denke jetzt nicht wirklich, dass es da einen festen Prozess gibt. Tricks müssen zum Spot passen. Also, der Spot entscheidet eher, was gut zu ihm passt.

MSM: Welche Kombi war bislang das härteste Stück Arbeit, und gibt es noch offene Rechnungen?

André: Offene Rechnungen gibt es doch immer.

MSM: Wie viel warst du 2021 auf Tour, und wo?

André: Wir waren auf einer Frankreich­Tour mit Antiz, dann war ich mit den Jungs auf Zypern und jetzt Südafrika mit Gotti und den Jungs. Das waren so die größeren Sachen die­ ses Jahr. Aber wir sind eigentlich jedes Wochenende irgendwie unterwegs in Sachen Skaten.

Switch Wallie Tailgrab – Foto: Robert Christ

MSM: Wie ist das auf Touren für deine Teamkollegen, wenn du einen Spot siehst, den sonst keiner fahren kann/möchte? Gibt es solche Situationen?

André: Ja, das gibt’s regelmäßig, natürlich. Aber dass man mal alleine am Spot schuften muss, das kennt ja auch jeder Handrail­Skater.

MSM: Geilste Tour bis jetzt?

André: Immer die, auf der man gerade ist.

MSM: Go-to Food auf Tour?

André: Gerne etwas Lokales. Und immer was Neues probieren!

MSM: Kurz noch mal Contests: What about them? Like? Dislike? Ich habe das Gefühl, dass die Begeisterung darüber, ein Contest-Wochenende zu erleben, generell abgenommen hat – woran könnte das liegen? Und was braucht ein guter Contest?

André: Ein guter Contest braucht ’ne gute Session, und nicht nur Leute, die Runs üben. Alles andere passiert dann von allein.

MSM: Ist Skateboarding eigentlich so offen und tolerant, wie gerne behauptet wird?

André: Da muss wohl jeder bei sich selbst anfangen.

Andrés Smoothness steht im reziproken Verhältnis zur Smoothness seiner Spots

Frontside 180° Switch Krooks – Foto: Fabien Ponsero

Der Brunnen hatte zum Glück gerade Mittagspause

Frontside Noseslide Pop-over – Foto: Fabien Ponsero
Noseslide to Krooks – Foto: Robert Christ
Lipslide to Bluntslide – Fotos: Robert Christ

Instagram: @andregerlich

Text: David Luther

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