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Francisco Saco – „Video Diays“ Full Length Online Premiere


Francisco Saco Interview

Francisco Saco festzulegen ist nicht ganz so einfach. Der in Amerika geborene und in Costa Rica aufgewachsene Sohn kubanischer Eltern hat neben Boston und New York auch schon in London gelebt und nennt seit vier Jahren Berlin seine Heimat. Genau so Abwechslungsreich wie sein Lebenslauf, zeigt sich auch seine Arbeit hinter der Kamera. Ihn als Filmer zu bezeichnen, würde dem ausgebildeten Filmschaffenden bei weitem nicht gerecht werden. Abseits seiner kommerziellen Projekte hat er gerade „Video Diays“, ein mit Hi8 Kamera gefilmtes Skatevideo über die Szene Costa Ricas sowie Berlins, veröffentlicht. Wir raten zum Vollbildmodus und wünschen viel Spaß mit Video und Interview (Ersmals erschienen in unserer Travel Issue).

[Interview: Stefan Schwinghammer | Portrait: Biemer]

Video Diays

Hallo Francisco, du bist viel gereist in deinem Leben und scheinst ständig in Bewegung. Ist es Rastlosigkeit oder Neugier, die dich antreibt?

Ich bin ein Filmemacher und dadurch ständig auf der Suche nach dem perfekten Ort, um meine Projekte umzusetzen. In Costa Rica ist die Filmindustrie sehr klein und man kann nicht davon leben. Deshalb musste ich in die USA. Ich war schon immer ein Fan des europäischen Kinos, weshalb es mich danach nach Europa verschlug. Zuerst war ich in London, aber umso mehr ich von Berlin und der Berlinale hörte, wurde mir klar, das ist der Ort wo sich was bewegt. Ich liebe es aber auch einfach zu reisen und bin mehr gereist, nur um neue Orte kennen zu lernen.

Was würdest du sagen, in welcher Hinsicht das Reisen deine Arbeit beeinflusst hat?

Als ich in Boston Film studierte, habe ich darüber nachgedacht, was besonders beliebt ist im Kino. Es ist die Idee von Heimat, die Art, die eigene Identität darzustellen. Ich habe das immer im Kopf, wenn ich reise und versuche in meinen Projekten auch meine Familiengeschichte aufzuarbeiten. Meine Eltern stammen aus Kuba, einem Ort den ich noch nie besucht habe. Das Witzige ist, je mehr ich gereist bin und je mehr neue Plätze ich gesehen habe, umso mehr wurde mir bewusst wo ich herkomme, wo meine Wurzeln sind. Und das hat dazu geführt, dass ich immer mehr versucht habe, in meinen Filmen eine Verbindung zu mir einzubauen, zu zeigen wer ich bin.

Francisco-Saco---Biemer
Francisco Saco

Ist es nicht schwierig deine eigene Lebensgeschichte in einem Skatevideo darzustellen? Pontus Alv hat das gemacht, aber ansonsten fallen mir nicht viele ein.

Ich denke, das ist eine der schwierigsten Sachen im Skateboarding, weil die Leute schnelle Informationen wollen. Pontus hat sich die Zeit genommen etwas zu schaffen, was nicht schnell ist, nicht Hollywood, sondern schwere Kost. Aber auf jeden Pontus kommen unzählige, die sich nicht die Mühe machen. Andere Beispiele sind Anti Heros „Tent City“, oder die frühen Alien Workshop Sachen. Sie haben versucht eine Erzählstruktur einzubauen. In den 90ern gab es einige Videos, in denen versucht wurde eine Geschichte zu erzählen, etwa in „Las Nueve Vidas de Paco“ oder „Chocolate Tour“. Aber dann fand eine Übersättigung statt und die Leute wollten einfach straightes Skateboarding. Es wurde schwierig mit dem Format des Skatevideos zu spielen. Heutzutage kann man es machen, aber es ist immer noch kompliziert. Das ist es, worum es mir bei „Video Diays“ geht, dem Projekt an dem ich seit vier Jahren arbeite. Wie macht man ein Video das zwar für Skater ist, aber nicht ausschließlich? Das auch eine Story hat, die jeder versteht, die etwas durch Skateboarding erzählt. Ein Skatepart soll ja die Persönlichkeit des Skaters zeigen. Wieso sollte man also nicht die Persönlichkeit eines kompletten Videos durch Skateboarding darstellen können? Wenn das gelingt, dann hast du es geschafft ein Skatevideo über das Genre zu erheben. Dann ist es nicht nur ein Skatevideo, sondern ein Skatevideo als Kunstform und Pontus hat das erreicht. Genau da möchte ich auch hin. Ein Film mit einem roten Faden.

Ty Evans sagt über „Pretty Sweet“ ebenfalls, dass er damit Leute außerhalb der Skateszene erreichen wollte, hat aber trotzdem einen komplett anderen Ansatz als du. Was denkst du über Videos wie „Pretty Sweet“?

Ich mag „Pretty Sweet“ sehr. Für mich ist es eine Art Pixar Film, mit Effekten und großem Unterhaltungswert. Man kann Ty nicht dafür verurteilen, das zu machen. Ich denke, wo Skateboarding zur Zeit am zugänglichsten angeboten wird, ist in der Street League. Dort werden so viele Menschen wie möglich erreicht. In Europa ist man viel spezieller und auf einen bestimmten Stil aus. Man muss sich genau im Klaren darüber sein, was man will. Genau das hat Pontus gemacht, er hat seine Familiengeschichte erzählt. Das hätte leicht schiefgehen können. Man hätte sagen können, „das ist zu hochtrabend“, aber es hat geklappt. Das Gleiche ist es bei Ty Evans und den Effekten. Wenn „Pretty Sweet“ Pixar ist, dann ist Pontus Ingmar Bergman. Das eine kann schnell zu artsy werden, das andere zu Hollywood, aber beide versuchen das Gleiche. Meine Sicht der Dinge ist: Skateboard Videos gibt es schon so lange, dass sie ein eigenes Genre bilden auf das man sich beziehen kann. Der Titel meines Videos bezieht sich z.B. klar auf „Video Days“, aber ich habe auch die costa-ricanische Redensart „diay“, so eine Art ‘Was geht Alter?’, reingebracht um zu zeigen, dass es ein Video aus Costa Rica ist. Es gibt in Skatevideos mittlerweile sogar verschiedene Subgenres. Das DGK Gangsta Rap Genre, das Pontus Alv Arthaus Kino, Palace Cheesy B-Movies. Ich denke das Publikum ist dafür mittlerweile offen, solange man das Skaten an sich respektiert. Du kannst eine Story einbauen, aber Skaten muss King sein.

Ich weiß, dass es einen kaputten Look hat, aber innerhalb dieses Rahmens will ich Professionalität

Was war der Grund für dich so zu filmen wie du es jetzt machst?

Das war alles eher Zufall. Ich war in Costa Rica, wollte ein Skatevideo machen und hatte eine Menge Zeit nachzudenken. Über Postkolonialismus und darüber, wie primitiv costa-ricanisches Skateboarding ist. So ein Außenseiter Blick auf das Skaten in Costa Rica. Ich stellte mir das vor, als wären es primitive Indianer, die wie verrückt auf diesen kaputten Spots rumrennen. Wie würde ein europäischer Entdecker, z.B. Kolumbus, das wahrnehmen? Also entwickelte ich diese Idee. Eines Tages unterhielt ich mich mit meinem Vater und fragte ihn nach einer alten Kamera. Er gab mir dann eine Hi8 Kamera, ich schaltete sie an und sie funktionierte noch. Am nächsten Tag ging ich raus und filmte mit Freunden. Die Kamera ist alt und ohne richtige Griffe. Ich musste sie halten wie einen Stein und es war schrecklich damit zu filmen, aber ich liebte es. Den ganzen Look und wie das Bild wackelt. All diese Fehler, es sieht so abgefuckt aus und da wurde mir klar, damit kann ich was machen. Die Idee kaputter Technologie ist für mich ein wichtiger Teil. Ich benutze oft Videofehler als Übergänge und ich möchte meinem Video einen Look geben, dass man beim Ansehen das Gefühl hat, man hätte es in einer regnerischen Nacht aus einem Mülleimer hinter einem Schnapsladen gezogen.

Hast du davor mit der VX gefilmt?

Ja genau. Als ich mit HD anfing, hab ich das nur für meine Kurzfilme benutzt, nicht für Skateboarding. Das war zu der Zeit, als HD im Skaten gerade stark diskutiert wurde. Ich finde HD okay, aber mich persönlich hat das gelangweilt. Skateboardvideos haben so eine aufregende Geschichte mit so vielen unterschiedlichen Ansätzen, da sollte nicht alles gleich aussehen. Ich fand ich kann mit meiner Kamera etwas einfangen, das ein wenig nostalgisch, ein wenig Old School ist. Es sieht vielleicht scheiße aus, aber man merkt, dass da jemand Anstrengungen reingesteckt hat. Was die Musik angeht… Ich mochte schon immer experimentelle Musik. Wenn du einen großen Markt ansprechen willst, dann musst du massenkompatible Musik verwenden. Das hat mich aber nie interessiert. Ich verwende seltsame Musik und mache seltsame Schnitte. Das ist es was mich interessiert, die Dinge etwas anders zu zeigen.

Du hast von der universellen Verständlichkeit der Street League gesprochen. Bist du der Meinung, dass sich die verschiedenen Länder mit ihren Styles emanzipieren und sich nicht so sehr von der amerikanischen Skateboard Blaupause beeinflussen lassen sollten?

Absolut! In Mexiko und Brasilien beispielsweise etablieren sich mehr eigene Firmen und die Skater sollten dann auch die Produkte dieser Firmen benutzen. Vor zwei Jahren war ich in Barcelona und die Stadt war überflutet von Brasilianern, die allesamt mit brasilianischen Companies ausgestattet waren. Brasilien ist der zweitgrößte Markt für Skateboarding weltweit und sie machen ihr eigenes Ding. Dann gibt es in Mexiko Casta Propaganda Schuhe, in Costa Rica gibt es KCHT Boards.

Was kann Costa Rica oder Mittelamerika der Skatewelt hinzufügen, was noch fehlt?

Diese Idee des Primitiven, das ist auch das, was mein Video zu erforschen versucht, wie primitiv und hart es sein kann. Ich hab in letzter Zeit so viele gute Clips aus Lateinamerika gesehen. Aus Mexiko, Kolumbien, Chile, Peru. Ein Kumpel von mir hat einen Clip mit Chilenen in Frankfurt gefilmt und konnte es kaum glauben. Er meinte, dass ist die krasseste Footage, die er je gefilmt hat. Die Welt sollte mehr davon sehen. Vor allem die Amerikaner, die sehr in ihrer eigenen Welt leben. Ich denke Skateboarding braucht das. Ein guter Freund von mir hat den „Pura Vida“ Skatepark in Costa Rica gebaut. Und er hat sich in Costa Rica verliebt.

Was sind die Gemeinsamkeiten zwischen Costa Rica und Berlin und wo siehst du Unterschiede?

Schwer zu sagen, eine europäische Stadt im Vergleich zu Costa Rica. Costa Rica ist das stabilste Land in Mittelamerika, ökonomisch und politisch betrachtet. Aber die Infrastruktur ist schlecht. Es gibt bessere Spots in Panama oder El Salvador. Costa Rica hat auch tolle Spots, aber sie sind sehr rau. Das bedeutet, dass du für deine Tricks arbeiten musst, genau wie in Berlin, aber in Costa Rica hast du den schlechtesten Asphalt. Man hängt hier nicht lange an einem Spot ab. Man ist eher ständig unterwegs auf Mission. Der größte Unterschied ist, dass du in Berlin Spots für mehrere Tage hast. Wenn du dagegen ein Video aus Costa Rica siehst, kennst du 80% der Spots. Und du kannst nicht von Spot zu Spot pushen, sondern musst mit dem Auto fahren.

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Der Hintergrund in Skate Videos spielt immer eine wichtige Rolle. Wenn du beispielsweise New York siehst, ist das was völlig anderes als Los Angeles. Wie wählst du deine Locations?

Eigentlich mag ich keine Park Footage, aber es gibt ein paar gute neue Parks in Costa Rica, deshalb hab ich Park Footage eingebaut. Aber es ist immer noch rough. Es sieht aus wie ein Skatepark am Ende der Welt. Und weil ich diese Idee einer Naturdokumentation hatte, in der Europäer einen Blick auf diese Wildnis und die Primitiven dort werfen, wollte ich auch einen europäischen Part. Also erst einen Blick in den Dschungel und dann einen Report zurück aus Europa, aus Berlin und Barcelona. Der Barcelona Part besteht dann aber wieder fast nur aus Lateinamerikanern. Darin sind hauptsächlich Brasilianer zu sehen. Das hat was von diesem Kolonialismus vs Postkolonialismus Thema.

Die Kamera ist alt und ohne richtige Griffe. Ich musste sie halten wie einen Stein und es war schrecklich damit zu filmen, aber ich liebte es

Was war für dich das wichtigste in dem Video?

Es ist die Balance zwischen Skating und meinem Style. Das mein Style nicht zu viel wird, sondern genau passt. Und dann die Idee für das Projekt an sich. Ich möchte eine Geschichte erzählen, aber dabei immer auch Spaß haben und gutes Skating zeigen. Momentan bin ich gerade so kritisch wie möglich und werfe viele Dinge raus. Ich bin auch beim Filmen ein ziemlicher Perfektionist und frage immer nach noch einem weiteren Versuch. Die Jungs wundern sich wahrscheinlich oft, wenn da so ein Typ mit einer Hi8 Kamera sitzt und denken sich: „Warum sollte ich den Trick nochmal machen, wenn er sowieso scheiße aussehen wird.“ Ich weiß, dass es einen kaputten Look hat, aber innerhalb dieses Rahmens will ich Professionalität. Ich will dass die Tricks gut rüberkommen. Ich will kein Skatevideo in diesem Look, bei dem dann auch noch die Tricks scheiße sind. Ich will Leute dazu inspirieren, Skaten zu gehen. Das macht ein gutes Skatevideo aus.

Ist es schwierig, die Skater zu überzeugen, auf deine Art zu arbeiten?

Ich bin jemand, der sein Leben nicht mit Skateboarding finanziert. Deshalb ist es ein Herzblutprojekt für mich. Als ich dann nach Barcelona ging war ich ein bisschen nervös, weil da so viele Filmer mit HD Equipment sind. Ich dachte, was werden die Skater von so einem Sonderling mit Hi8 Kamera halten, aber je mehr Leute die Footage gesehen haben, desto mehr waren sie fasziniert. Klar, manche Leute mussten für ihre Sponsoren filmen und hatten keine Zeit für solch ein Projekt, aber nach und nach bin ich mit experimentierfreudigen Skatern in Kontakt gekommen und die sind voll dabei. In Costa Rica allerdings ist es eher andersrum. Da fragen mich die Leute warum ich auf Hi8 filme. In Europa oder den Staaten gibt es die neue Technik schon so lange, dass man wieder Bock auf das Alte hat, aber in Lateinamerika sind die Leute noch so gewohnt an die alte Technik, dass sie heiß sind auf neues Equipment.

Welche Skater aus Costa Rica werden uns beeindrucken?

Geovanny Calvo, Ricardo Gutierrez, Carlos Mata, Ricardo Vega, Andres Araya, Emanuel Barrientos, Bryan Gutierrez und Miguel Castro, der ist wohl international am bekanntesten, weil er für Element fährt.

Was steht bei dir als Nächstes an? Zeichnet sich schon eine Reise weg von Berlin ab?

Ich denke, dass die nächste Stadt in den Staaten sein wird. Wahrscheinlich die Westcoast. Ich hatte eine gute Zeit in Berlin, aber ich denke da wartet schon etwas Neues am Horizont.

Dann viel Spaß auf deinem weiteren Weg.

Das Video ist auch zu finden auf Franciscos Vimeo Kanal.

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