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Marcus Jürgensen Push. Cecil Arp

Interviews

Q&A Marcus Jürgensen

Wir haben uns mit Marcus Jürgensen über seine Zeit in den USA, Timberlands, Style und sein Comeback auf dem Skateboard unterhalten.

Titelbild: Cecil Arp
Text: Ingo Dreckmann

Viele von den jüngeren Skatern unter euch werden mit dem Namen Marcus Jürgensen nicht viel anfangen können. Die älteren Semester denken bei diesem Namen an einen der lässigsten Styles und einen der ehemals besten Skater Deutschlands, wenn nicht sogar in Europa Ende des letzten Jahrtausends. Sein Fame reichte sogar bis nach Amerika, wo er sich mit seinem Homie Peter Smolik einen Part im Manual Labor Video teilte. Wir haben uns mit dem sympathischen Hamburger über seine Zeit in den USA, Timberlands, Style und sein Comeback auf dem Skateboard unterhalten.

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Marcus Jürgensen /// Foto: Danny Meyer

 

Um die Jahrtausendwende herum hast du einige Zeit in den USA verbracht. Wie hast du die damalige Zeit in Erinnerung? Gibt es da noch ein paar Stories, die du ZUM besten geben kannst?


1998 war das Jahr, in dem ich direkt zweimal in den Staaten gewesen bin. Im März das erste Mal mit meinem Buddy und Vans Europe Teamrider Stickorama aus Warschau. Das zweite Mal dann im Herbst mit meiner damaligen Freundin. Die meiste Zeit wohnten wir bei Drea Schultes in dem alten Jugendzimmer ihres Sohns, John Schultes, einem Ex H-Street Pro aus den 80s. An einem Samstag kam John aus L.A. zu Besuch nach Del Mar und lud mich in den Y.M.C.A Skatepark ein, weil er dort mit Danny Way verabredet war. John war für Danny nicht nur Vorbild und Inspiration, wer genau recherchiert wird auch sehen, dass Danny dem Style von Jason in nichts nachsteht. Letztendlich bin ich an diesen Tag eine gemeinsame Session mit John und Danny Way gefahren, das war schon etwas ganz Besonderes.

Peter Smolik habe ich 1998 zufällig in Münster auf dem World Cup kennengelernt. Es war eher eine flüchtige Begegnung, die sich dann aber in den Staaten, zwei Monate später auf der Tradeshow in San Diego wiederholte und zu einer Freundschaft entwickelte. Wir tauschten Handynummern aus und ein paar Tage später war ich auf Peters privater Houseparty eingeladen. Dort lernte ich dann auch Brandon Turner und Jason Dejournett kennen.

In dieser Zeit filmte Jason für das „Manual Labor“ Video, ein Independent-Video, das von David Schlossbach, dem Osiris Manager, produziert wurde. Peter war zu dieser Zeit als Pro auf Osiris gesigned und mein Timberland Boot war die Inspiration und Vorlage für seinen ersten Pro-Schuh. Wir verbrachten viel Zeit miteinander und somit hatte mich Jason irgendwie auch im Fokus. Als das Video dann 2001 auf VHS erschien, war ich doch ziemlich beindruckt von Peters und meinem Part. Lustigerweise erschien ich in dem Video nicht unter meinem Namen, sondern unter „K.G.B“ (Krazy German Bastard).

Eine weitere Story, die mir im Gedächtnis geblieben ist:
An einem Wochenende war ich mit Peter, Brandon und Jason auf dem Weg von San Diego nach Santa Monica zu Chad Muskas Haus, wo ein Shorty’s Team Meeting stattfand. Eine Nacht bis zum Samstagabend war ich mit dem Shorty’s Team zusammen auf Mission.
Team Chef Rick Kosik war mit von der Partie und Muska dominierte die Handrails der City.
Das Ganze hat dann wohl bei dem einen oder anderen einen bleibenden Eindruck gemacht: So erzählt Sammy Baptista in seiner Nine Club“ Episode (57:40 min) von meiner imposanten Erscheinung bei diesem Meeting. Sammy ist ein riesiges Talent und war immer eine große Inspiration für mich und ich war richtig geflasht, dass so jemand nach mehr als 20 Jahren eine Story über mich erzählt. Chris Roberts bestärkt mich dann in meiner damaligen Bewunderung für Chad Muska, in dem er sagt, dass so ziemlich jeder damals Chad gefeiert hat.

Dazu noch eine Ergänzung: Meine damalige Freundin holte mich ganz spontan mit einer Stretchlimousine direkt vor Muskas Haus ab. Als ich noch mal aus dem Fenster der Limousine zurückschaute, stand das komplette Shorty’s Team wie angewurzelt im Vorgarten und schaute uns hinterher. Das Kapitel kann ich dann unter „Dekadenz kennt keine Grenzen“ heute mit euch feierlich abschließen (K.G.B. was born).

Marcus‘ und Peters Part im Manual Labor Video:

Du hast erwähnt, dass dein Timberland Boot Vorlage bzw. Inspiration für das Design von Smoliks erstem Schuh bei Osiris, dem „O.D.S.“ war. Kannst du dazu noch etwas mehr erzählen?


Ich trug damals diese Timberland Boots als „Chill-Schuhe“. Smolik fand die richtig cool und hat sie sogar selbst ab und an getragen, da wir dieselbe Schuhgröße haben.
Als es dann um ein Design für seinen Pro-Schuh ging, sind wir zu einem Design-Meeting nach San Diego gefahren, Smolik hat die Timberlands auf den Tisch des Designers gestellt und gesagt: So soll mein Schuh aussehen. Der Rest ist Geschichte.

Gab es denn zu dieser Zeit die Option, Pro bei Shorty´s zu werden?


In keinster Weise!

Marcus Jürgensen Switch Ollie in Lausanne_Foto John Rübcke
Marcus Jürgensen Switch Ollie in Lausanne 1996 /// Foto: John Rübcke

So ca. ab 2003 wurde es ruhig um dich. Kannst du uns über diese Zeit etwas erzählen und darüber, wie es schlussendlich zu deinem Comeback 2010 kam?


Es hat einige Zeit gedauert, diesen ganzen Skateboard-Hype zu verdauen. Ich war damals so etwa 24 Jahre alt und kannte bis dato nur den Marcus Jürgensen, der sich komplett über Skateboarding definiert und selbst verwirklicht hat. Mit mir selbst und meiner Gefühlswelt hatte ich mich nie groß beschäftigt, was sich als ziemlich belastend für mich herausstellte. Also fing ich an, alte Alltagsgewohnheiten und Muster zu reduzieren.
In dieser Zeit gab es für mich wenig soziale Struktur, die eine gewisse Kontinuität aufweisen konnte. Deshalb nahm ich mir genügend Zeit für mich, die wirklich sehr wertvoll war. Wie gesagt:
Ich war auf dem sozialen Terrain doch noch eher etwas grün hinter den Ohren.
2006 habe ich eine Umschulung mit diversen Zertifikaten erfolgreich abgeschlossen und machte meinen PKW-Führerschein, das waren endlich meine ersten Erfolge im „normalen Leben“. Dies ermöglichte mir dann den Einstieg ins Berufsleben und finanzielle Unabhängigkeit. So gegen 2009 war ich dann auch mit mir und meiner mentalen Persönlichkeit endlich auf Augenhöhe und fand auch den Weg zurück in die Skateszene.

Marcus
Front Blunt aus Marcus‘ erstem Interview im Monster  – 1994 /// Foto: Helge Tscharn.

Eine Zeitlang warst du (hauptberuflich) als DJ tätig. Wenn ich mich richtig erinnere, gibt es darüber sogar eine NDR-Reportage. Was wurde daraus, legst du immer noch auf?


Ich hatte neben Ami Rap schon immer eine große Vorliebe für elektronische Musik. Das Auflegen hat mich schon seit meiner Jugend fasziniert. Durch eine Trennung 2011 brauchte ich Abwechslung, eine neue Vision, und richtete mir zu Hause ein kleines Musikstudio ein. Ich war zu derzeit noch sehr häufig mit Fabio Fusco unterwegs und schaute ihm oft während seiner Studiosessions über die Schulter. Zu dieser Zeit fing ich auch an, mit Ableton Live zu arbeiten. Nebenbei lernte ich einige Veranstalter kennen, bei denen ich als DJ auflegen durfte. Bis nach Berlin, Braunschweig und Kassel habe ich es geschafft. Die NDR-Reportage war der Exit für mich. Dieser TV-Auftritt, auch wenn der kommerziell dargestellt ist, stellte für mich den richtigen Zeitpunkt dar, die Bühne zu verlassen.

Zur Freude der Skatecommunity postest du aktuell wieder viele  Skateclips, hier und da sogar auf der Straße. Es macht Spaß dir zuzuschauen und es stellt sich natürlich die Frage:
Wird es wohl noch mal einen MJ-Streetpart geben? 


Vielen Dank für das berauschende Feedback. Ich durfte mich schon über einen Guest-Trick im Rahmen eines Skatedeluxe-Tour Clips in Hamburg freuen. Mit Dan Schultz und Dennis Scholz konnte ich gemeinsam während der Dreharbeiten diesen Trick medial realisieren.

Kürzlich war ich in Hamburg auf einer Session mit Dennis Ludwig und Jost Arens unterwegs. Ich war ziemlich gestoked über die persönliche Einladung und die dazugehörige Wertschätzung, die mir da entgegengerollt ist. An dieser Stelle noch mal liebe Grüße an die beiden.

Ich hoffe, es wird immer mal wieder zu gleichartigen Sessions kommen, die mir ein ähnliches Gefühl wie in den 90s ins Gesicht kleben. Leider vermisse ich hier in Hamburg einen Filmer, der einen guten Draht zur Szene hat und mich in kreative Projekte mit einbindet.

 

>> Style entsteht meiner Meinung nach, wenn man selbst entscheidet, wie man den Trick ausbalanciert und sich der Style wie ein roter Faden durch die Trickpalette zieht. <<

 

 

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Viele (inklusive mir) sind der Meinung, dass du einen der besten  Styles in Deutschland hast. Wie siehst du das eigentlich selbst?  War/ist dir bewusst, wie dein Skating auf andere wirkt und wenn ja, wie gehst du damit um?


„Stylish“ war damals das erste Denglisch Wort, das ich bewusst wahrgenommen und verwendet habe. Besonders gerne wurde dieses Prädikat von Chris Heitmann und Jan Waage verwendet, wenn es um Leute wie z. B. Danny Way, Jason Lee oder Ray Barbee ging. Somit wuchs in mir ebenfalls das Interesse, Tricks dynamisch zu verpacken. Style entsteht meiner Meinung nach, wenn man selbst entscheidet, wie man den Trick ausbalanciert und sich der Style wie ein roter Faden durch die Trickpalette zieht. So würde ich das interpretieren. Wenn ich mir heute z. B. Miles Silvas, Wade Desarmo, Marek Zaprazny, Carlos Ribeiro oder Robert Neal in den Primitive Videos anschaue, bewundere ich nicht nur ihre Trickrange, sondern auch wie spielerich sie die Tricks aussehen lassen.
Es gibt auch in Deutschland jede Menge guter Skater mit Style. Denny Pham weiß, wie das Geschäft läuft, Christoph Friedmann hat eine bemerkenswerte Dynamik auf dem Board und Ike Frommeis da dopest Styler on the Planet!“. Max Beinhofer ist dann noch der charismatische Typ, der mich sowohl durch seine Lebensgeschichte als auch seinen Charakter auf dem Skateboard fasziniert.

Und ja: Ich freue mich natürlich, bin überwältigt, wenn jemand mich mit Style in Verbindung bringt und kann das Kompliment auch genießen.

Marcus Jürgensen Maintal. Foto: Helge Tscharn
Marcus Jürgensen Maintal 1999 /// Foto: Helge Tscharn.

Marcus, vielen Dank für das Interview. Möchtest du noch letzte  Worte, Grüße, Danksagungen loswerden? 


Ich möchte mich an erster Stelle bei meiner Mutter bedanken für den Support in den jungen Jahren. Der Stuff war sau teuer und das Reisen hatte viel Eigenverantwortung, die mir überlassen wurde. 

Thomas Friese Senior – ohne seine Motivation und Investition in die Halle und das Team wäre Skateboarden für mich in den 90s nie so erfolgreich  verlaufen. 

Stefanie Schwabe, die mich eine Zeit lang in meiner Lebensphase  begleitete und unterstützte.
(R.I.P. 2011 †) 

Jan Waage und Ralph Fischer, die mein Talent früh erkannten und mich bei Ralph Fischer (Fresh Distribution) als Teamfahrer unter Vertrag  genommen haben und somit alles ins Rollen kam. 

Danke an Andreas Neukirchen und Jörg Ludewig (Urban Supplies) für  den Support, die mich heute noch unterstützen.  

Dank auch an Thomas Gentsch und das Limited Skatemag!

Big up Torsten Frank und Dennis Scholz für die Adidas Kicks.  

Auch ein dickes Danke an Ingo Dreckmann und Skateboardmsm für das Interview und die Realisierung.

Danke auch an Anders Tellen für die Zeit bei A.S.A.P., Vans Europe und Steve van Doren, Carhartt, Dickies, Emerica Shoes, Ruedi Matter von És,  R.O.U.G.H. Distribution, Monster Skateboard Magazine und Helge Tscharn, Wu-Wear, Stefan Gerber von Mahagony, Veith Kilberth und  Jonathan Wronn von Finelines, Lowdown Magazine, Richie Löffler für den Support, Florian Raddatz, Mike Sprunkel und Felix Stephen, Artur Hudziak, Sami Harithi für die besten Tage in Berlin, Benny Dannel für die wilden Niedersachsen Trips und Lenny Burmeister für die wochenlangen Unterkünfte in Haus und Hof.
Kulle forever ;-).


All the best luck in the world

– Marcus Jürgensen


 

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