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MSM #294 – KEINE OFFENEN RECHNUNGEN
Felix Lensing Interview

Auf einmal war er da, per Backside Nose-bluntslide mit ordentlicher Flug-phase. (…) Felix Lensing? Nie gehört…Das Portrait folgte stehenden Fußes, Flow-deals und regelmäßige Coverage ebenso und gute drei Jahre später fand sich Felix in den Redaktionsräumen des Monster Magazines wieder, an einem Tisch mit Photograph Hendrik Herzmann und den MSM-Redakteuren Philipp Schulte, Oliver Tielsch und Eric Mirbach – für sein Interview. Felix Lensing. Ach, er!

[Text: Oliver Tielsch, Philipp Schulte, Eric Mirbach | Photos: Hendrik Herzmann]

Mirbach: Hallo Felix, herzlich will-kommen zu deinem ersten Monster-Interview.
Guten Tag. Dies-mal muss ich wirklich aufpassen, was ich sage. Beim letzten Mal, bei meinem Portrait [MSM #269] habe ich es im Nachhinein ein bisschen bereut.

Schulte: Was gab’s denn da zu bereuen?
[Greift sich das Heft, das auf dem Tisch liegt] Das hier: ,Ich lese mir eigentlich immer alles durch und gucke alles an. Da bin ich wie ein Schwamm, der versucht, alles aufzusaugen.‘ Schwuler geht’s ja wohl nicht, oder?

[Gelächter]

(…)

M.: Alles klar. Das Portrait ist jetzt zwei Jahre her. Und jetzt kommt das volle Interview. Wie lange hast du daran gearbeitet?
Hm, zwei Monate? Drei? Irgendwie so. Nicht so lang.

M.: Warum war so lange Pause? Warum hast du nicht sofort nach dem Portrait weitergemacht?
Weiß ich auch nicht. Ich hätte aber die Tricks in diesem Interview damals auch alle gar nicht machen können. Ich hab’ erstmal lange ’ne Freundin gehabt, dann hatte ich keine mehr und war wieder mehr skaten – ja, und dann hab wieder angefangen, Tricks zu machen.

M.: Also hast du dich nicht einfach auf die faule Haut gelegt.
Nee, ich hab mir eh damals gar nicht vorgestellt, mal ein Interview haben zu können, weil das ja doch schon noch mal eine ganz andere Kategorie ist. (…) Das Level ist aber ganz anders und das hätte ich mir gar nicht zugetraut – das ist irgendwie so nach und nach gekommen. Jetzt bin ich superglücklich mit dem Ergebnis. (…) Ich konnte immer ganz gut Curb fahren und das ist auch immer noch das, was ich eigentlich am liebsten mache. Und bei Rails muss man es ja eigentlich einfach nur machen. Wenn man es schafft, den Kopf in den Griff zu kriegen, zum Spot zu gehen und dann wirklich einfach konsequent draufzuspringen, dann passiert ja eigentlich nix. Weil bei ’nem Railtrick ist ja nichts dabei – also theoretisch. Das ist es ja dann: Ich muss halt meinen Kopf klarkriegen und dann kann man’s vielleicht irgendwie machen.

Herzmann: Du hast ja auch eine krasse Herangehensweise beim Railfahren, um den Kopf freizukriegen.
Geld wetten, ne? Das hat sich glaube ich erst in letzter Zeit herauskristallisiert.

H.: Es gibt bei jedem Photo eine Story mit Psycho-Ticks.
Ich hab bei jedem Photo irgendwas gemacht, ja. Ich habe immer so ein festes Programm, das ich dann abspule – das prägt sich bei jedem Trick anders aus. (…) Oder beim Backlip, an dem Rail in Hamburg, hab ich immer erst einen Kickflip im Flat gemacht, dann hoch, dann dreimal anfahren, einmal bei jedem Anwesenden einschlagen, draufspringen, 50,- Euro wetten – was weiß ich! Wenn das dann einmal klappt, dann denke ich mir in meinem Kopf: „Das war der richtige Weg!“ (…)

S.: Habt ihr vor jedem Versuch um 50 Euro gewettet?
Ja. Sonst springe ich nicht rein, wenn ich nicht um Geld wette. Ich mache das immer, vor jedem Versuch. Es geht ja nicht ums Schaffen. Ich zahle den Versuch nur, wenn ich nicht reinspringe.

(…)

S.: Du bist demnach also nicht in ein Motivationsloch gefallen, als das mit Etnies vorbei war?
Nun ja, mit Etnies war’s irgendwie zum neuen Jahr vorbei, zeitgleich mit dem Vertriebswechsel. Aber da bin ich überhaupt nicht in ein Definitionsloch – [schüttelt den Kopf] Definitionsloch, ja klar – also, in kein Motivationsloch gefallen. Wieso auch? Das eine hat ja nix mit dem anderen zu tun. Klar ist es doof, wenn man sich Schuhe kaufen muss, aber wenn die Sponsoren die Motivation zum Skaten sind, dann ist das ja schon armselig.

(…)

Tielsch: Welche Skater, welche Videoparts inspirieren dich?
In letzter Zeit guck ich ziemlich oft diese Dylan-Rieder-Promo.

S.: Deswegen krempelst du also die Hose hoch!
Ich krempel die aber nur einmal um! [Lacht]

T.: Der Einfluss kommt im Interview auf jeden Fall durch: Weniger Curb– und mehr Männertricks!
Ja, wie gesagt, ich finde halt, für ein Interview muss man Tricks machen und nicht irgendwelche Spielereien. (…) Aber für das Interview wollte ich andere Tricks, da wäre ich nicht zufrieden, wenn ich da jetzt ’nen Kickflip Backtail am Curb gemacht hätte!

M.: Du willst was investieren.
Ja, genau! Ich hab da jetzt schon das Maximale rausgeholt. Keine offenen Rechnungen.

T.: Und bei Dylan Rieder ist es jetzt nur das Skaten, was dich stoked?
Na ja, der Charakter ist ja schon ein bisschen schwierig, weiß nicht, ob der einen so stoken kann.

T.: … könnte ja auch die Frisur sein…
M.: Ist ja auch ein schöner Mann und Homosexualität ist für dich ja eh nicht negativ behaftet.
T.: Jetzt ist mit deiner Freundin Schluss, du guckst nur noch Dylan-Rieder-Parts…

[lacht] … da lass ich auch bald mal die Hosen runter, oder wie? Aber noch mal zum Interview an sich: Am schönsten ist es natürlich, wenn das auch ausgeglichen ist. Man fährt eine Ledge, man springt einmal wo runter. Das ist das Idealbild. Wenn man sich mal das Danny Sommerfeld Interview anguckt, da ist von jedem Element, was Streetskaten so zu bieten hat, ein Ding dabei. Aber das kann ich halt einfach nicht. (…) Alle Tricks, die ich jetzt gemacht habe, die wollte ich unbedingt haben. Deswegen haben die wahrscheinlich auch geklappt.

S.: Gehst du noch viel alleine skaten? Du bist ja in Bochum früher ziemlich oft alleine am Schauspielhaus unterwegs gewesen.
Also, das einzige, was ich alleine fahren gehe, ist Flat. Wenn ich manchmal nicht viel Zeit habe und noch Kram machen muss, dann geh ich mal fürn Stündchen ein paar Flips machen, um auf andere Gedanken zu kommen, aber richtig skaten, alleine, das macht mir nicht so richtig Spaß. Das habe ich auch so nicht gemacht.

S.: Und wann hast du aufgehört, so richtig übertrieben auszurasten?
Das ist natürlich völlig behindert, sich immer so aufzuregen. Habe ich früher in der Tat immer gemacht. Das ist aber in den letzten zwei Jahren oder so immer schwächer geworden. (…)

T.: Du warst vor zwei Jahren ziemlich up-and-coming mit deinem Portrait und dann ist das wieder so ein bisschen abgeflacht und man hat nicht mehr viel von dir gesehen. Und dann war da ja noch dieser New-York-Trip [vgl. MSM #279] der für dich nicht so positiv gelaufen ist.
Im Vorhinein war da auch viel Kram mit dem Studium, ich würde sagen, ich war auch einfach nicht so sehr into Skaten in der Zeit, das kommt auch dazu. Und der Trip war für mich ja jetzt nicht nur absolut negativ. (…)

(…)

T.: Zumal die New-York-Spots auch meistens viel einfacher aussehen, als sie sind.
Genau. Und wenn ich irgendwo einen Trick machen will, dann ist es häufig so, dass ich dann was an den Spots mache – wie auch jetzt – die bei mir in der Nähe sind. Spots, die ich kenne. Wo ich genau weiß, das und das könnte ich da machen. Dann fahr ich da vielleicht noch mal hin, guck mir das an – und dann rufe ich Henne an. „Ja okay, lass das machen!“ Und dann klappt’s auch meistens.

M.: War das rückblickend ein Motivationsschub, dass du dich wegen der New-York-Sache so abgefuckt hast? Ging das soweit, dass du dein Skaten in Frage gestellt hast?
Nee, überhaupt nicht. Klar, in dem Moment, wo man dann da ist, da wurde der Druck auch immer größer – wenn du den ersten Tag schon mal nichts machst… (…) Und wenn man dann jeden Tag hintereinander skaten soll und dann wirklich ernsthaft einen Trick probiert, dann geht das einen Tag, vielleicht zwei, und am Ende konnte ich kaum noch laufen. Und ich bin jetzt auch nicht so das Übertalent, das einfach in fünf Minuten irgendeinen Trick macht. In der Regel arbeite ich total für jeden Trick, den ich irgendwo mache. Und das funktioniert natürlich nur, wenn man auch fit ist. (…)

T.: Man sieht dem Interview auch an, dass du dafür gearbeitet hast. War das denn so, dass Henne dir gesagt hat „Wir schießen jetzt ein Interview“?
Das war ungefähr so: Ich habe diesen Front Blunt im Ditch gemacht. Ich habe Henne davon erzählt und gemeint, dass wir das mal probieren könnten und irgendwann hatte er auch Zeit. Und dann sind wir dahin und dann war auch alles irgendwie schon super scheiße, es war kalt, voll am regnen, es war nass – außer da – und als ich angekommen bin, dachte ich auch „Ja okay, den machste im Leben nicht!“ Ich war drei Jahre nicht mehr da gewesen und hatte das nicht mehr so in Erinnerung, dass das alles so steil und scheiße war. Ich hab es trotzdem probiert und bin irgendwann weitergefahren. Das war natürlich der totale Motivationsbooster.

H.: F-No [Felix Norberg, Filmer, Anm. d. Red.] war da eine große Motivationshilfe…
Ja, F-No meinte nur: „Machste eh nicht. Ich kann mir vorstellen, wie du das dreimal anfährst, eventuell springst du einmal dran, aber das glaube ich schon nicht. Aber reingehen – nie im Leben!“ Da dachte ich auch nur „Du Arsch!“ Der motiviert durch Anti-Motivation, eher unterbewusst [lacht]. (…)

S.: Gibt’s eigentlich noch Leute, die dich bei deinem damaligen, etwas negativ behafteten Spitznamen rufen oder hat sich das mittlerweile erledigt?
Ich glaube, das hat sich weitgehend gelegt – aber den Spitznamen will ich nicht im Interview haben!

[Gelächter]

T.: Wie kam es denn dazu, wer hat denn damit an-gefangen…
M.: … dich Pennerjunge zu nennen?
T.: Gab’s da Beef?

Nee, das hat gar nix mit Beef zu tun, weiß ich nicht.

M.: Ist das dieses typische Ruhrpott-Ding?
Ich weiß gar nicht genau, wer damit kam. Ich hatte halt so ’ne Mütze an, so einen Fischerhut. Dadurch kam das wohl. Ist natürlich der schlimmste Spitzname, den man haben kann und der ist auch meiner Meinung nach nicht gerechtfertigt. (…)

T.: Du warst ja auch nie mit der Ruhrpott-Crew unterwegs sondern eigentlich viel mehr in Köln zugegen.
Ich weiß nicht, dass hat sich irgendwie nie so ergeben. Ich hatte früher auch nicht so ‘n gutes Verhältnis zu Pancho. Und der ist da schon so ein bisschen die Schlüsselfigur, kann man so sagen. Und wenn der dich jetzt nicht so mag, dann hassen dich vielleicht auch andere. Wobei es mittlerweile auch so ist, dass das alles nicht mehr so eine große Rolle spielt. Irgendwann habe ich dann in Köln die Leute kennengelernt, so vor drei, vier Jahren, und dann war ich mit denen unterwegs und mit den anderen dann gar nicht. (…) Naja, mit einigen hab ich auch nix zu tun, aber das ist ja auch normal. Man wird ja auch erwachsener.

M.: Hast du darunter gelitten?
[Überlegt, dann entschlossen] Nö, ich glaub’ nicht. War mir egal. Es war ja auch so: Ich hatte ja damals auch Leute, mit denen ich immer gefahren bin – und die haben mich auch nicht so genannt. [Lacht]

S.: Meinst du nicht, dass das vielleicht auch daran gelegen haben könnte, wie du teilweise in Bochum abgegangen bist?
Sicherlich habe ich einige Verhaltensweisen an den Tag gelegt, die ich jetzt nur noch belächeln kann. Das war mit 15 oder 16, da war ich schon ein Scheißkind, würde ich sagen. Habe den Leuten nicht in die Augen gesehen, hab auf den Boden geguckt, bin voll ausgerastet beim Skaten – nur irgendwie so dumme Sachen gemacht. Woran das lag? Kann ich nicht sagen, pubertäre Phase?! (…)

T.: Jetzt wo das Interview fertig ist, was versprichst du dir davon? Dass alle Sponsoren dich aufgabeln und nach Malaga und Alicante schicken? Was wäre dein Traum, was wünscht du dir von Skateboarding?
(…) Ganz ehrlich. Ich finde, ein Monster-Interview ist die größte Ehre, die man irgendwie bekommen kann in Deutschland. Und für alles andere brauche ich keine Sponsoren, das habe ich ja schon erklärt.

T.: Kein Bock drauf, durch Europa zu reisen?
In erster Linie studiere ich. Da liegt nach wie vor mein Fokus. Das hab ich ja auch schon vor zwei Jahren gesagt. Ich werde niemals mit Skaten in irgendeiner Form Geld verdienen und ich werde auch niemals so doof sein und denken, dass ich das könnte. Ich mache mein Studium fertig, das sind jetzt noch etwas mehr als zwei Jahre. Natürlich hab ich noch Bock, weiter Tricks zu machen, ich zieh mich da jetzt nicht zurück oder so, mache keine Retirement-Party. [Lacht] (…)

T. Hast du die Dylan-Rieder-Schuhe zuhause?
Nö.

S.: Warst du eigentlich nervös vor dem Interview?
Nee. Jetzt denke ich allerdings, es wurde vielleicht ein bisschen zuviel über meinen Spitznamen geredet. [Lacht]

S.: Finale: Deine Shout-Outs! Und bitte.
Ich will erstmal Henne für die Photos danken. Danke, Henne! Dann will ich Thomas danken, von Über, weil der ganz viel für mich gemacht hat und immer supernett war. Auf jeden Fall auch Jochen und Dan vom Plan-B-Skateshop in Bochum. Dann will ich noch Kati danken, von Analog. Und dann natürlich noch meiner Familie und meinen Freuden.

T.: Und Dylan Rieder!
Nein, danke.

Felix skatet für Über Skateboards, Analog Clothing und den Plan B Skateshop

// Das volle Interview mit allen Photos, allen Sequenzen und allen Quotes findet ihr in gedruckter Form in MSM #294

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