Chad Muska ist und bleibt immer noch eine der schillerndsten Persönlichkeiten im Skateboarding und schafft es stets auf’s neue für Aufsehen zu sorgen. Egal ob durch beinharte Handrailattacken, Affären mit Celebrity Sternchen oder den nächsten Schuh Hype.
Erst wenige Tage ist es her, dass er wieder im Fokus der Öffentlichkeit stand. Diesmal leider mit negativen Schlagzeilen. Nachdem er einen Kaffeeladen in Hollywood mit seinem Tag verziert hatte, beschimpfte er die ihn festhaltenden Security Guards auf übelste Weise. Auf die unausweichliche Verhaftung, folgte dann am nächsten Tag die reumütige Entschuldigung per Videobotschaft. Ein besoffener Idiot sei er gewesen, ließ er die Welt per youtube wissen.
Ohne seine verbalen Entgleisungen in Schutz nehmen zu wollen, kann man ihm wohl glauben, dass es sich um einen einmaligen Aussetzger gehandelt hat. Bei einem Typen wie Chad, der ständig unter Starkstrom steht, brennen eben schnell mal die Sicherungen durch. Auch als wir ihn Anfang Juli in Paris vor der Ausstellung „Public Domaine” im Musem „La Gaîté lyrique“ trafen, strotzte er nur so vor Energie.
Mit fliegenden Haaren und wallendem Bart rollte er wie ein Endzeitjesus, auf seinem vollgetagtem Brett heran. Städtenamen hatte er mit weißen Edding auf das Griptape geschrieben. Namen der Metropolen zwischen denen er stetig pendelt, wie normale Menschen zwischen Arbeitsplatz, Supermarkt und Wohnzimmercouch. Ein paar Minuten haben wir es geschafft uns auf den Stufen des Museums mit dem Muska nieder zu lassen, um mit ihm über Kunst, Mode und die Zukunft von Skateboarding zu sprechen, bevor er zurück auf sein Board sprang und wieder pushend im Verkehr der Pariser Rush Hour verschwand.
[Pics & Interview: Stefan Schwinghammer]
Was ist der Grund für deinen Paris Aufenthalt?
Ich bin gerade auf Supra Tour. Wir haben in Edinburgh angefangen, sind von dort nach Manchester, London, Amsterdam und Kopenhagen. Dann bin ich für den Go-Skateboarding-Day zurück nach New York geflogen, von da nach Philadelphia. Vor zwei Tagen bin ich nach Paris gekommen und werde morgen schon wieder für einen Tag zu einer Supra Party nach London fliegen, nur um Tags darauf erneut nach Paris zur Thrasher Party zu kommen und mich dann auf nach Berlin zu machen. Von Berlin geht’s dann zurück nach Los Angeles und dann mal sehen. Es endet nie.
Kein Urlaub?
Nein, Urlaub gibt’s nicht. Das ist mein Urlaub. [lacht]
Warst du schon in der Ausstellung?
Leider nein, ich wollte gestern rein, aber sie meinten ich könne mein Skateboard nicht mitnehmen. Also habe ich mir gedacht, ihr könnt mich mal und bin gegangen. Das hat mich genervt, schließlich ist es eine Skateboardausstellung, aber ich verstehe es auch, immerhin ist es ein Museeum. Vielleicht hätte es mir einfach egal sein sollen. [lacht]
Hättest du ihnen gesagt wer du bist, hätten sie dich wahrscheinlich durchgelassen.
Sie haben mich gefragt ob ich für „die” arbeite, aber ich wusste nicht wer „die” sind, also habe ich nein gesagt und sie meinten, dann kannst du dein Board nicht mitnehmen.
Hast du denn schon Bilder von der Ausstellung gesehen?
Ich hab einiges gehört und auch ein bisschen gesehen als ich reingehen wollte. Außerdem hab ich mich mit Mike Manzoori unterhalten, der einen Film für die Ausstellung gedreht hat und er hat mir ein bisschen von den Videos erzählt die laufen. Mein Freund Neckface hat eine Arbeit darin, aber mehr weiß ich nicht. Ich bin gerade sehr beschäftigt mit dem Skytop Launch und froh darüber überhaupt Zeit zu haben, hier vorbei zu kommen. Ich finde es nämlich wirklich toll, dass ein Museum wie dieses, Skateboardkunst und die Skateboardkultur unterstützt. Das zeigt, dass das was wir tun nicht nur von der Kunstgemeinde, sondern der ganzen Welt wahrgenommen wird. Wirklich eine großartige Sache, sowohl für Skateboarding, als auch für die Kunst. Die Verbindung zwischen diesen beiden Welten ist sehr wichtig. Ich habe das immer so gesehen, aber Vielen scheint diese enge Verbindung zwischen Kunst, Skateboarding, Mode und Musik noch nicht so wirklich bewusst zu sein. Meiner Meinung nach ist das eine Welt. Deshalb ist es schön zu sehen, dass immer mehr Leuten das so wahrnehmen.
http://mpora.com/videos/M3yWyFdCz
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Neulich gab es ein Video zu sehen, in dem du mit einer Street Art Crew riesige Schuhe an die Wand plakatiert hast. Was war das für ein Projekt?
Kunst war immer ein Teil meines Lebens. Als ich jünger war habe ich viel Graffitti gesprüht. Später, als es mit dem Skateboarden ernster wurde, kam ich leider nicht mehr so viel dazu. Vor 3 1/2 Jahren bin ich dann nach New York gezogen und hab mich am Knie verletzt, weshalb ich wieder mehr Zeit hatte und einen anderen Output brauchte. Also habe ich mich wieder mehr mit Kunst beschäftigt. Viele meiner Freunde machen Streetart in New York, mit denen hab ich ein bisschen was in den Straßen gemacht. Eigentlich fokussiere ich mich allerdings mehr auf Dinge wie Deckgrafiken und T-Shirt Designs, oder Colorways und Entwürfe für Schuhe und sowas.
Aber die Aktion von der du sprichst, fand vor 1 oder 2 Monaten an der Barracuda Wand in Los Angeles statt. Eine befreundete Street Art Crew mit dem Namen „Cyrcle“ half mir bei einer Idee die ich hatte, weil es alleine schwierig gewesen wäre das zu realisieren. Das war cool. Das Leben ist eben ein Kreislauf und manchmal ist es schön sich wieder auf seine Roots zu besinnen, auf das was man als Teenager gemacht hat. Graffitti und Streetculture waren eben immer ein großer Teil meines Lebens. Ich mache jetzt wieder etwas mehr in dieser Richtung. Ich hatte eine Kunstausstellung in New York und eine große Gruppenausstellung fängt jetzt bald in Los Angeles in der Lab Art Gallery an, die vier Monate dauern wird und in der man neue Stücke von mir sehen kann.
Außerdem skate ich auch wieder viel. Durch meine Knieverletzung war ich ein bisschen draußen, aber jetzt versuche ich wieder mehr die beiden Welten, Skateboarding und Kunst zu verbinden. Und natürlich Design, Schuhdesign, Photographie, DJing usw. [lacht] Wie ich schon sagte, das ist alles eine Welt und es ist großartig, dass ich die Möglichkeit habe mich auf all diese Arten auszudrücken.
Was ist zur Zeit mit Muskabeatz los?
Oh, [lacht], das läuft gerade etwas auf Sparflamme, aber man weiß ja nie. Ich hab mich vor einiger Zeit ein wenig in Dub Step Produktionen versucht, wodurch ich wieder zu alten Drum & Bass Sachen gekommen bin, die ich früher produziert habe. Das hat mich inspiriert und ich dachte daran Drum & Bass mit Hip Hop und Dub Step zu mischen. Ich habe überlegt einen Muskabeatz Dub Step Remix zu machen, aber dazu muss ich erst die Zeit finden. Es braucht Zeit und vor allem Inspiration. Ich mache jeden Tag worauf ich gerade Lust habe. An einem Tag gehe ich skaten, am anderen Tag mach ich Musik und am nächsten Kunst. Das ändert sich ständig.
Wird es denn einen neuen Videopart von dir geben?
Ja, ich glaube schon. Jetzt da mein Knie wieder belastungsfähig ist, skate ich wieder mehr. Auf der Supra Tour bin ich mit Tom Penny, Jim Greco, Erik Ellington und Lizard King skaten gewesen, das hat mich ziemlich motiviert. Mit den Jungs und den Kids auf den Demos zu skaten hat mich angespornt wieder Streetskaten zu gehen. Wenigstens ein Part steht noch aus. Es ist immer an der Zeit für einen mehr. [lacht] Und nach dem dann noch einen und noch einen und irgendwann werde ich vielleicht 60 Jahre alt sein und immer noch versuchen einen Videopart zu filmen.
Ich arbeite zwar jetzt im Moment nicht konkret an einem Part, aber ich werde definitiv noch mal einen filmen.
Wenn du mit 60 noch skatest, wie wird Skateboarding dann wohl aussehen? Wie denkst du wird sich Skateboarding in den nächsten Jahren entwickeln? Sowohl was Fashion, als auch was das Skaten an sich betrifft?
Ich glaube das sind zwei ganz verschiedene Dinge. Skateboarding an sich entwickelt sich momentan einfach unglaublich. Du denkst alles wurde schon gemacht und dann fahren plötzlich alle noch härter und machen die verrücktesten Trickkombos. Ich glaube diese Entwicklung wird ständig weitergehen. Die Skateindustrie dagegen langweilt mich gerade ein wenig und tritt meiner Meinung nach auf der Stelle. Man sollte mehr auf Persönlichkeit, mehr auf Mode und Individualität setzen, anstatt nur die Stufen zu zählen und darauf zu achten mit wie vielen Flips jemand auf ein Handrail gehen kann. Das ist natürlich wichtig, aber ich glaube es sollte auch wieder mehr Individualität zählen. Mit Street League, X-Games, Maloof Cup und solchen Sachen verliert sich das ein bisschen. Es ist irgendwie anders als früher, als jeder etwas mehr seinen eigenen Style hatte. Versteh mich nicht falsch, viele Kids haben auch heute noch ihren eigenen Style, aber ich finde jetzt ist ein guter Zeitpunkt, nachdem sich die Tricks so weiterentwickelt haben, auch den Style wieder mehr in den Mittelpunkt zu rücken. Aufgeschlossener gegenüber einer neuen Art an Mode zu sein und Skateboarding und Mode zu verbinden. Klar, nicht alle Skater interessieren sich für Mode und Design, aber viele tun es und für mich ist das eine der größten Leidenschaften neben Skateboarding. Ich liebe es zu designen und Dinge zu entwerfen. Schuhe, Caps, T-Shirts, alles Mögliche. Deshalb hoffe ich dass Skateboarder da aufgeschlossener werden und sich neuen Ideen und neuen Formen von Kleidung öffnen. Ich weiß dass ich so weit bin sie zu designen, aber ich weiß nicht ob die Skateshops so weit sind sie auch zu verkaufen. Ich muss wohl mein eigenes Label außerhalb von Skateboarding gründen um die Ideen umsetzen zu können die ich habe, weil sie in der Skateindustrie zur Zeit nur schwer auf Akzeptanz stoßen.
Die Schuhe die du gerade trägst z.B. sehen auch nicht gerade aus wie typische Skateschuhe, aber ich habe dich darin skaten sehen. Wie fahren sie sich?
Naja, wenn ich jetzt 20 Stufen runterspringen wollen würde, wären sie wahrscheinlich die falsche Wahl, weil sie nicht gegnügend Polsterung bieten, aber dafür ziehen sie besser als die meisten anderen Schuhe. Man hat sehr viel Gefühl darin. Ich versuche einfach immer etwas Neues zu tragen oder zu entwerfen und wenn dann jeder anfängt es zu tragen, dann mache ich mich auf wieder auf die Suche nach etwas Anderem. Ich finde ein gewisser Sinn für Individualität ist wichtig, im Leben allgemein.
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