Ray Barbee ist nicht nur einer der smoothesten Skater unter der Sonne, der mit Dauerlächeln im Gesicht seit Bones Brigade Tagen Feel Good Stimmung auf dem Brett verbreitet, er ist außerdem noch einer der besten Musiker, die die Skateszene hervorgebracht hat. Funky, soulig und tanzbar ist der Sound den er spielt und er lädt zum mitgrooven ein. Was ihn selbst musikalisch anspricht, das hat uns Ray in einem Interview verraten.
[Interview: Stefan Schwinghammer | Fotos: Stefan Schwinghammer & Sacha Puetz]
„What’s going on“ von Marvin Gaye
Ich habe eine Zeit lang sehr viel Marvin Gaye gehört und viele Songs von seinem Album „What’s going on“ sind wirklich gut. Ich glaube der Titel-Track „What’s going on“ ist wahrscheinlich mein Lieblingslied vom Album. Ich mag den Track weil ich als Musiker auf Arrangements stehe, ich mag die Orchester-Instrumente die benutzt werden. Also nicht nur die Melodie des Liedes, sondern auch die Art der Instrumente die genutzt werden… das Glockenspiel, Violinen und so was, das find ich wirklich gut!
„Son of a Preacherman“ von Dusty Springfield
Dann liebe ich Dusty Memphis‘ Son of a preacherman, das ist echt gut! Der Drumbeat fasziniert mich, er ist so entspannt, „laid back in the pocket“… das Arrangement und die Stimme… Ich liebe Dusty’s Stimme!
„Information Inspiration“ von Shuggie Otis
Weiter geht’s mit Shuggie Otis und seinem Album „Information Inspiration“. Ich hab ein Problem mit Song-Namen, ich kenne immer nur die Melodien, deshalb kann ich jetzt gar nicht sagen, welcher Song davon mein Favorit ist.
„Shadowplay“ von Joy Division
Ich liebe Shadowplay von Joy Division. Mir gefällt das Simple an Joy Division, die Musik ist so roh, der Bass ist sehr treibend und es gibt etwas was sie in der Musikszene „angular“ nennen, also mehr strikte, rigide Rhythmen [er fängt an zu singen: Da da da da do do do do] Ich schätze den Ansatz von Joy Division, speziell den Bass, Peter Hook nutzt ihn wie eine Gitarre [er ahmt das Bassspiel nach] So etwas gab es zu der Zeit nicht und das fand ich aufregend.
„Congo Man“ von Ernest Ranglin
Und dann noch [zögert] Congo Man von Ernest Ranglin. Ernest Ranglin ist ein Jazzmusiker aus den frühen 70ern. Ich weiß nicht ob du Wes Montgomery kennst, aber es hört sich so an als würde Wes Montgomery mit einer Studioband spielen. Ein Jazzgitarrist der mit einer Dubband spielt. Mir gefällt das. Du fühlst den Jazz-Ansatz mit der Dub-Rhythmus-Section und dazu noch ein guter Pianist. Gefällt mir sehr gut.
Du hast viele verschiedene Musikstile genannt, hast du schon immer sehr unterschiedliche Musik gehört?
Ja, als ich mit dem Skaten angefangen habe stand ich total auf Punkrock, Minor Threat, Social Distortion, Seven Seconds, Black Flag, Circle Jerks und so weiter, die Liste ist unendlich. Ich dachte immer Gitarre spielen bzw. Musik zu machen würde bestimmt Spaß machen, aber ich kannte niemanden der eine Gitarre hatte. Bis ich dann mit Skateboarding in Berührung kam, denn die Jungs mit denen ich das Skaten anfing spielten in Punkbands. Sie hatten immer Bandprobe nachdem wir skaten waren und ich hing da rum, griff mir die Gitarren und fragte ob sie mir was zeigen könnten. Sie zeigten mir Powerchords, so begann ich in Punkbands zu spielen. Punkrock war der Soundtrack unserer Skatesessions und nach den Sessions spielten wir selbst, ich wuchs also mit Punkrock auf. Die älteren Jungs mit denen ich geskatet bin haben viel The Police und B52s gehört. Für mich war das alles Skateboarding. Zuhause wuchs ich mit Soul Musik und Jazz auf, meine Eltern haben viel sowas gehört. Zu dieser Zeit war ich sehr mit New Wave und Punkrock verbunden, diese Phase habe ich durchlaufen. Als ich ins Freshmen Jahr der Highschool kam, hörte ich auf Gitarre zu spielen. Ich fokussierte mich mehr auf Skateboarding und ich habe erst im Abschlussjahr der Highschool wieder angefangen zu spielen und zu diesem Zeitpunkt war ich offener für alle möglichen Musikrichtungen. Ich lernte mehr Akkorde, nicht nur das Punkrock–Zeugs. Durch die Gitarre wurde mein Interesse an Musik verstärkt, was sich noch mal wiederholte als ich begann, zu Hause aufzunehmen und in die Drum-Machine-Welt eintauchte. Als ich dann meinen ersten Sampler bekam, begann ich mich für Hip Hop zu interessieren und das wiederum hat mir die Augen und Ohren für die Musik geöffnet, die nicht auf traditioneller, instrumentaler Basis läuft. Ich begann zu schätzen, was ein DJ mit Platten und der Drummachine anstellen konnte. Ich finde das sehr interessant, dass mir die Instrumente selbst die Ohren für so viele Genres geöffnet haben und auch dass man ihnen anhören kann, woher die Musiker kommen: Wenn man sich Rhythmen aus New Orleans anhört sind die ganz anders als Rhythmen die aus Afrika kommen oder der Ansatz von kalifornischen Kids. Es gibt so viel, und egal wie man sich auslebt, wird man stark von seiner Umwelt beeinflusst, das spiegelt sich in dem wieder was du tust und wie du etwas tust. Wenn ich mir z.B. The Meters aus New Orleans anhöre oder Dr. John: man merkt wie die Rythmen schwingen, man hört sozusagen geographisch wo sie herkommen. Und genau das selbe ist es doch mit Streetskating. Ich erkannte Jungs die aus San Francisco kamen, welche die aus Sacramento kamen, Santa Cruz oder von Venice Beach, weil sie so skaten wie sie skaten.
Yeah, es gibt so viele Parallelen zwischen Musik und Skateboarding, die erste ist: Es gibt keine Regeln!
Das wäre die nächste Frage, was Musik und Skateboarding gemeinsam haben. Wie du schon sagtest, man kann sehen bzw. hören wo die Wurzeln der jeweiligen Skater oder Musiker liegen.
Yeah, es gibt so viele Parallelen zwischen Musik und Skateboarding, die erste ist: Es gibt keine Regeln! Du bist frei zu tun was auch immer du tun willst, Leute können sagen ihnen gefällt das was du machst nicht, aber sie können nicht sagen es ist falsch. Manche in der Musikszene versuchen es zwar, aber das ist falsch, man kann die Musik von Jimi Hendrix oder John Coltrane nicht erklären. Ich denke sie haben akzeptiert, dass, selbst wenn es technisch vielleicht falsch ist, es nicht zählt, denn Menschen mögen was sie mögen, Geschmäcker sind verschieden. Das ist eine große Parallele, es gibt kein Richtig oder Falsch. Außerdem kannst du beides, also Musik und Skateboarding, entweder für dich alleine, oder aber mit anderen zusammen machen, das gefällt mir sehr. Als ich angefangen habe Gitarre zu spielen kannte ich viele Freunde, die den Stuff von anderen Bands nachspielten. Das war nie mein Interesse, ich dachte immer, „Ich will mein eigenes Zeugs machen“ und das ist genau das selbe wie mit Skateboarding: „Oh ich versuch das mal, ich spring mal da runter…“, ich liebe diesen Aspekt, du kannst deinen eigenen Ansatz wählen. Beim Football oder Baseball geht das nicht, da machen alle das Gleiche, am Ende läuft es immer darauf hinaus Tore oder Punkte zu machen. Bei der Musik und im Skateboarding versucht man etwas Eigenes zu schaffen, es ist eine größere Variationsmöglichkeit gegeben, das ist viel spannender, da ist viel mehr Platz für Kreativität. Es gibt also einige Parallelen die ich wirklich sehr zu schätzen weiß.
Wenn du live spielst, ist da vieles spontan und enthält viele Freestyle-Elemente, oder spielst du die Songs genauso, wie sie auch auf dem Album zu finden sind?
Das kommt darauf an, manchmal komme ich in die Situation; Ich hab zum Beispiel letztens mit Tommy Guerrero, Money Mark, der mit den Beastie Boys gespielt hat und Alfredo Ortiz, der die Drums und Percussions bei den Beastie Boys gemacht hat, gespielt. Wenn wir zusammen spielen, dann jammen wir, das ist dann hundert Prozent freestyle, der auf Gefühlen basiert, nach dem Motto: „Okay, das ist der Rhythmus, da ist die Bassline, okay ich steig mal mit ein.“ Das ist der eine Aspekt und dann noch der normalere, gebräuchlichere in dem ich mich wiederfinde: Es gibt die Grundstruktur aber die wird dann mit freestyle parts gemischt, Soli und so weiter. Wenn der Song läuft und das Solo kommen soll, weiß ich vorher nie was ich spiele, ich weiß nur, jetzt ist die Zeit dafür und dann spiele ich drauf los. Ich versuche immer nicht das gleiche zweimal zu spielen. Man kann immer etwas Anderes machen, dem Ganzen einfach ein bisschen mehr Leben einhauchen, so dass es nicht langweilig wird.
Wie viel Zeit verbringst du mit der Musik heutzutage? Bist du vom Skater der auch Musik macht zum Musiker geworden, der nebenher Skateboard fährt?
Nein, überhaupt nicht! Ich meine ich bin immer noch ein professioneller Skateboarder. Ich fülle meinen Kühlschrank immer noch durch Skateboarding. Meine Sponsoren Vans, Element Skateboards, Independent Trucks, WeSC Clothing, Spy Sunglasses supporten eine Person und sein Interesse und weil diese Brands Skateboarding plus die Kultur auch über die Grenzen der Skateboardgemeinde hinaus pushen, haben sie die Möglichkeit, mein Interesse für ihr Marketing zu nutzen, Für Leute die Interesse an unserer Kultur, unserem Ansatz, dem Lifestyle von Skateboarding haben. Es ist alles ein Ganzes, nicht getrennt oder gespalten. Ich interessiere mich für Fotografie und arbeite an einem Fotobuch-Projekt und meine Sponsoren sagen „Hey, wir pushen das, lass uns eine Ausstellung machen.“ Bei meinen Interessen unterscheide ich nicht, es sind alles Interessen die durch Skateboarding geweckt wurden, denn Skateboarding hat mir die Möglichkeiten eröffnet, diese Dinge zu tun. Skateboarding ist der Ursprung, der Kern meiner Interessen, es ist aber nicht getrennt, es ist einfach ein Gesamtpaket.
Man geht nicht zu Quellen außerhalb der Szene und fragt, ob die einem zeigen wie man etwas zu tun hat oder ob sie das für einen machen können, man macht es selbst!
Alles begann mit Skateboarding wie du gesagt hast. Stacy Peralta hat dir jau auch deine erste Gitarre gekauft.
Ja, also alles wurde von Skateboarding inspiriert, Skateboarding gab mir die Möglichkeit vieles auszuprobieren, wie mit dem Gitarre spielen: Ich wollte schon bevor ich skaten wollte Gitarre spielen. MTV startete ungefähr 1980, ich sah die ganzen Bands in den Videos, AC/DC und so was, und dachte „Ich will Gitarre spielen“, aber ich kannte niemanden der eine besaß. Erst Skateboarding gab mir die Möglichkeit, nur weil die Freunde, die ich durchs skaten kennenlernte, Gitarren besaßen. Genau so mit der Fotografie. Wenn du Skateboard fährst bist du ja von Fotografie umgeben und erst das hat mir Appetit darauf gemacht. Die meisten meiner Lieblingsfotografen waren Skateboardfotografen und ich identifizierte mich damit, egal ob das Streetshots waren oder Portraits, ich bin stolz in dieser Kultur unterwegs sein zu dürfen. Skateboarder machen ihr Ding, die Bones Brigade Dokumentation zum Beispiel, vieles kam von Stacy selbst, er hat viel von der Footage gefilmt. Man geht nicht zu Quellen außerhalb der Szene und fragt, ob die einem zeigen wie man etwas zu tun hat oder ob sie das für einen machen können, man macht es selbst! Das macht die Skateboardgemeinde aus, jeder macht sein Ding. So viele Schuhdesigner oder Marketingdirektoren sind oder waren Skater, es greift alles ineinander, von den Fotografen über die Editor, die Filmer, alles ist Eins und hat den selben Ursprung. Man kann sich innerhalb dieser Szene mit weiterentwickeln, ohne viel nach Außen zu schaun. Natürlich gibt es auch Einflüsse, aber vieles kommt von innerhalb der Szene. Wenn man sich in solch einer Gemeinschaft befindet, werden gegenseitig Interessen geweckt, man findet sich untereinander spannend und lernt neue Dinge kennen und wertzuschätzen!
Du hast über Einflüsse von außerhalb gesprochen, was ist denn einer deiner musikalischen Einflüsse von dem vielleicht niemand gedacht hätte, dass dir so etwas gefällt? Vielleicht hast du ja sowas wie einen peinlichen Lieblingssong.
[lacht] Das ist eine gute Frage, da gibt es etwas, das ist mir nicht peinlich aber die Leute könnten überrascht sein, wie sehr ich Prince mag! Ich liebe diesen alten Stuff. [lacht] Oh, und Sheryl Crow, ich weiß nicht wie der Song heißt, aber ich erinnere mich… bei einem Part während einer ihrer Songs dachte ich „Wow, das ist eine großartige Melodie“, aber ich dachte das erzähle ich lieber niemandem. [lacht] Sheryl Crow eben… [lacht]
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