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Skateboarding & Architektur – Ein Interview mit Francois Perrin

In unserer aktuellen Ausgabe findet sich ein Bericht zum skatebaren PAS Haus, das als Wohnhaus in Malibu geplant ist und Teil der „Public Domaine“ Ausstellung in Paris war. Einer der beim Bau des Hauses entscheidend mitwirkte, war der Architekt Francois Perrin. Als wir uns mit ihm getroffen haben, um über dieses Projekt zu sprechen, haben wir ihn außerdem noch zur Beziehung von Skateboarding und Architektur befragt. Wir wollten wissen, was Architekten eigentlich von Skateboarding denken und was sie davon halten, dass ihre Entwürfe von Skatern zweckentfremdet werden. Auf eine Antwort darauf haben wir nämlich schon lange gewartet, ihr doch sicher auch, oder?


[Pics: Janosch Pugnaghi]

Hallo Francois, gleich zuerst die Frage: Fährst du denn selbst Skateboard?
In Paris, wo ich aufgewachsen bin, habe ich Ende der 70er mit Skateboarden angefangen, das war meine erste Liebe. Dadurch kam ich dann zum Surfen. Ich würde mich auch eher als Surfer bezeichnen, benutze das Skateboard aber immer noch als Transportmittel. Gerade Paris bietet sich perfekt dazu an, mit dem Board schnell von Punkt A nach Punkt B zu kommen.

Hast du dich vor diesem Projekt schon mit dem Bau von Rampen beschäftigt?
Nein, ich habe in Paris Architektur studiert und dann Häuser gebaut. Außerdem haben ich mich mit Avantgarde Architektur beschäftigt, wobei die Einbeziehung der Umwelt in meinen Entwürfen immer schon eine große Rolle gespielt hat, weil ich als Skateboarder natürlich ein großes Interesse daran hatte verschiedenste Dinge aus der Umgebung zu adaptieren. Vor zehn Jahren bin ich dann nach L.A. gezogen. Ich mache dort viel Design für Ausstellungen und Installationen in Museen die Ähnlichkeit zu diesem Projekt aufweisen, was Budget und Zeit angeht, aber das war das erste Mal, dass ich etwas mit Bezug zu Skateboarding gebaut habe.

Was war deine Aufgabe an diesem Projekt und wie bist du dazu gekommen?
Ich habe Gil [Le Bon Delapointe, den Designer des „PAS Haus“] in Los Angeles getroffen, als sie gerade an einem Entwurf für das Haus arbeiteten. Der war äußerst komplex und es war sehr schwer eine Baugenehmigung dafür zu erhalten. Deshalb mussten sie das Projekt stoppen und neu überdenken. Das war der Punkt als Gil mich fragte ob ich sie nicht als Architekt unterstützen könnte. Pierre [Andre Senizergues, Gründer von Sole Technologie und Bauherr des Projekts] war es also der die Idee hatte, der Skateboardrampen weiterentwickeln wollte zu einem skatebaren Haus. Gil kennt sich mit dem Bau von Rampen aus, er ist damit aufgewachsen seine eigenen Obstacles zu bauen und ich habe meine Fertigkeiten als Architekt eingebracht. Es war eine sehr interessante Kollaboration. Das Spannende war ja der Mix aus zwei Welten. Es ist kein wirkliches Haus und kein echter Skatepark. Es ging nicht bloß darum Rampen in ein Haus zu stellen, sondern eine Mischung aus Beidem zu erschaffen. Ich habe dabei natürlich vor allem die Aufgabe eines klassischen Architekten übernommen, konnte aber verstehen was die Beiden wollten, weil ich selbst Skateboard fahre. Deshalb funktionierte es besser als mit den Architekten mit denen sie zuvor gearbeitet hatten und die nicht verstanden was sie wollten.

Glaubst du normale Architekten, die nichts mit Skateboarding zu tun haben, könnten von diesem Projekt lernen?
Sicher. Wenn du dir ansiehst was in den letzten 20 Jahren auf dem Gebiet der Architektur passiert ist, dann wirst du feststellen, dass der rechte Winkel immer mehr aufgebrochen und das traditionelle Konzept von Boden, Wänden, Decke immer mehr variiert wird. Inspiriert von Leibnitz hat sich diese neue Formsprache vor 20 Jahren in Amerika entwickelt, wo die Wände durchaus in die Decke übergehen können. Einige Architekten, wie Frank Gehry entwerfen solch komplexe Geometrie.

Du hast viel über Yves Klein geschrieben. Wie sehr hat sein Design dieses Projekt beeinflusst?
Nicht nur Yves Klein, auch viele andere Avantgarde Architekten haben mich beeinflusst und ihre Ideen sind sicherlich auch auf eine Weise in das Projekt eingegangen. Viele ihrer Arbeiten sind allerdings nur Ideen geblieben und deshalb finde ich es schön, dass dieses Projekt verwirklicht und von Skatern benutzt wurde. Als ich mich beteiligte, drängte ich deshalb darauf nicht nur ein Modell, sondern ein tatsächlich skatebares Haus zu bauen.

Plant ihr das Haus auch irgendwann in Serienproduktion zu bauen und für die Allgemeinheit zugänglich zu machen?
Ja, wir sind wirklich daran ein System zu entwickeln, so dass wir das Modell in verschiedensten Umgebungen platzieren können. Das Ausstellungsstück ist speziell für Malibu entwickelt und stellt nur einen Teil des dreiteiligen Hauses dar. Aber es ist vorstellbar, diesen Prototyp auch einzeln als Wohnung zu verwenden, z.B. für Studenten. Die Idee ist es, basierend auf diesem Prototyp zu variieren und Häuser angepasst an das Budget der Kunden und die jeweilige Umgebung bauen zu können. In Malibu müsste man z.B. aus Beton bauen, da dort starke Waldbrandgefahr herrscht.

Deine Architektur ist stark auf die jeweilige Umgebung bezogen. Du versuchst eine Harmonie zwischen Umwelt und Gebäude herzustellen. Ist das nicht ein sehr ähnlicher Ansatz zu dem von Skateboardern, die versuchen sich perfekt in die Umgebung einzufügen, um möglichst großen Spaß daraus zu erlangen?
Ja, als Skateboarder der durch die Stadt fährt nimmst du die Umgebung ganz anders, flüssiger wahr, als normale Fußgänger. Skater sind auch mehr in Verbindung mit der heutigen Zeit, mit der Mobilität des 21. Jahrhunderts. Skater nehmen die Umgebung anders wahr und passen sich an, genau so wie ich als Architekt meine Häuser an die Gegebenheiten anpasse. Beim Surfen ist es das Gleiche, da nutze ich auch den Wind und die Wellen.

Der vorher angesprochene Yves Klein war ein Teil der Gruppe die das Opernhaus in Gelsenkirchen gebaut hat. Heutzutage wird die Treppe vor der Oper von den dortigen Skatern gefahren. Wie ist das für einen Architekten, wenn Skateboarder sein Werk für ihre Zwecke nutzen? Ärgert man sich, weil sie Schaden anrichten, oder freut man sich, dass es auf neue Art belebt wird?
Schwierige Frage. Als Architekt weißt du, dass Architektur sehr zerbrechlich ist. Die Menschen denken immer Gebäude seien so stabil, aber viele würden verfallen, würde man aufhören sich darum zu kümmern. Aufgrund des Wetters, der Menschen die sie benutzen usw. Für mich ist Architektur lebende Umwelt und man muss sie pflegen, damit sie länger hält. Aber die Architekten müssen lernen, dass sie Umwelteinflüsse in ihre Überlegungen stärker einbeziehen. Wenn ich eine weiße Box baue, dann muss mir klar sein, dass sie nicht lange weiß bleiben wird, schon alleine wegen des Wetters. Also muss ich Material wählen, das dem Wetter und anderen Umwelteinflüssen standhält. In den Städten kann man sehen, dass manchen Gebäuden das besser gelingt als anderen. Es stimmt, dass Skateboarding die Abnutzung beschleunigt. Wenn man Skateboarder aber, bei Objekten die potentiell geskatet werden könnten, von Beginn an in die Planung mit einbezieht, dann ließen sie sich so bauen, dass sie der Beanspruchung standhalten.

Es gab zuerst das Möbelprojekt von Gil & Pierre, jetzt das Haus, was ist der nächste Schritt, eine auf Skater zugeschnittene Stadt? Gibt es Pläne für so etwas?
Was mich interessiert ist vor allem der Übergang vom Skatepark zur Stadt. Orte die sowohl von Skatern, als auch von anderen Menschen genutzt werden können. Wenn dieses Haus gebaut ist, kann es sein, dass wir ein zweites und drittes Haus bauen und diese dann verbinden, so dass man von einem zum nächsten skaten kann. Wenn man in diese Richtung denkt, dann könnte man natürlich eine ganze skatebare Stadt entwerfen.

In Innsbruck befindet sich der Landhausplatz, der genau wie du gesagt hast, von der Stadt als ganz normaler städtischer Raum geplant wurde, aber so, dass er gerade von Skatern perfekt genutzt werden kann. Jetzt da er gebaut ist, gibt es Beschwerden wegen des Lärms und Bestrebungen Skaten dort zu verbieten.
Skateboarding hat eben immer noch etwas Revolutionäres und die Menschen brauchen wohl noch ein wenig Zeit, bis es voll akzeptiert ist. Aber immer mehr Städte ändern ihr Denken. Auch in Bourdeaux wurde vieles auf Skateboarder zugeschnitten designt. Es gibt viele Transitions und immer mehr Leute fahren dort mit Longboards herum. Viele Städte versuchen verstärkt Fahrräder oder Skateboards in ihre Verkehrsplanung einzubeziehen. Im Moment gibt es noch Widerstände, aber ich bin fest davon überzeugt, dass in 30 oder 40 Jahren diese Art von städtischen Räumen stärker entwickelt sein wird.

Den Artikel zum PAS Haus, samt Photos und dem Interview mit Pierre Andre Senizergues, Gil Le Bon Delapointe und Francois Perrin findet ihr in unserer
aktuellen Ausgabe.

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