Share

No Homo – Der problematische Umgang mit Homosexualität im Skateboarding

„Ich bin schwul – und das ist auch gut so!“, sprach Berlins regierender Bürgermeister Klaus Wowereit 2001 offen und selbstbewusst auf einem Sonderparteitag über seine Homosexualität und diese Aussage wurde so populär, dass ihr mittlerweile gar etwas Spießiges anhaftet. Drei Jahre später folgte der ehemalige Außenminister Guido Westerwelle mit seinem Outing und der Schwiegermutter-Liebling Patrick Lindner hatte zu der Zeit bereits ein Kind adoptiert – zusammen mit seinem Lebensgefährten. Selbst in erzkonservativen Kreisen wie Politik und Schlagerszene ist ein unverkrampfter Umgang mit Homosexualität also offensichtlich möglich. Da sollte es in der Skateszene doch erst Recht selbstverständlich sein – müsste man meinen.

Blindside Gay Twist

Skateboarding war schon immer ein offener Ort für Menschen jeglicher Herkunft. Sämtliche Außenseiter wurden integriert oder sind häufig sogar zu Idolen aufgestiegen und haben der Szene erst ihr Gesicht gegeben und sie zu dem gemacht, was sie heute ist. An manchen Stellen jedoch präsentiert sich Skateboarding engstirniger und spießiger als ein Dackelzüchterverein. Es war auf einer Barcelona Tour, ein Jahr bevor Klaus Wowereit mit dem Bekenntnis zu seiner Sexualität an die Öffentlichkeit trat, als einer aus der Crew durch Zufall einen „Barcelona Gay Guide“ im Gepäck eines Teamkollegen fand. Es wurde getratscht und schnell machte der Fund die Runde und das unfreiwillige Outing war geschehen. Der Bloßgestellte zog seine Schlüsse daraus und wollte mit der Skateszene fortan nichts mehr zu tun haben. Dem deutschen Skateboarding ging damit einer seiner besten Protagonisten verloren. Dr. Tatjana Eggeling, Expertin zum Thema Homosexualität im Spitzensport, ist mit solchen Geschichten vertraut. „Die Drop-Out Rate von Jugendlichen, also die  Tatsache, dass sie Ihren Sport an den Nagel hängen, ist bei Homosexuellen höher als bei Heterosexuellen“, erklärt sie und fügt hinzu, „von ehemaligen Olympiastartern weiß ich auch, dass der Leidensdruck unglaublich hoch ist. Das kann in bestimmten Wettkampfsituationen zu einem richtig akuten Angstzustand führen.“ Die Angst davor entdeckt zu werden, die Angst davor, wie im beschriebenen Fall, unfreiwillig geoutet und an den Pranger gestellt zu werden lähmt und nimmt die Freude an der Sache, die für viele Sportler ihren Lebensinhalt darstellt oder durch den sie gar ihr Einkommen beziehen. Wenn man sich umgekehrt einmal vorstellt, man müsste seine Freundin unter allen Umständen vor den Homies verheimlichen, weil Heterosexualität in der Skateszene abgelehnt würde, bekommt man vielleicht eine Idee davon, wie sehr solch ein Versteckspiel an einem zehren kann. Wer sich jetzt denkt, warum nicht dem Ganzen zuvorkommen und sich einfach selbst outen, der will Homosexuellen eine Pflicht aufbürden, die umgekehrt bei Heterosexuellen nicht gegeben ist, weil das ja als „normal“ definiert wird und verkennt außerdem, was bisher zum Thema Homosexualität im Skateboarding so passiert ist und wie die Szene mit dem Thema umgeht.

Nicht der Homosexuelle ist pervers,  sondern die Skateszene, in der er lebt

Da gibt es zum Beispiel das Interview im Big Brother Magazine aus dem Jahr 2000 mit dem damals 16 Jahre alten Corey Duffel, in dem er sich zuerst darüber aufregt, dass Typen oft denken er wäre ein Mädchen und ihn anmachen, dann von einem Schwulen aus seiner Schule berichtet, der ihm Küsse zuwirft und dem er deswegen gedroht hat, ihn mit seinem Messer zu erstechen und schließlich von seiner Freundin erzählt, die laut seiner Aussage Schwule genau so hasst wie er. Manchmal ärgere sie ihn damit, „weil sie weiß wie sehr ich schwule Typen hasse“, sagt er und vermutet, „mein Dad hat mir beigebracht Schwule zu hassen, glaub ich.“ Sicherlich handelt es sich hierbei um ein Extrembeispiel und der naive Corey wurde von seinem Interviewpartner Chris Nieratko geschickt vorgeführt, aber im Gegensatz zu den rassistischen Aussagen im selben Interview (er nannte Stevie Williams einen „trashy nigger“) von denen er sich später klar distanzierte, hat er seine Abneigung gegen Homosexuelle in Folge nur weniger stark zum Ausdruck gebracht. Sicherlich sollte man von einem Einzelfall nicht auf den Rest der Skateszene schließen, aber ein Großteil an Skatern befindet sich, ähnlich wie Corey damals, in der Pubertät, die mit viel Verwirrung im genitalen Bereich einhergeht und Unsicherheit führt schnell zu Ablehnung. Es existiert dazu für die Skateszene keine empirische Basis, doch ähnliche Ansichten sind bei Altersgenossen, die mit dem Erblühen ihrer Männlichkeit versuchen sich als echte Kerle darzustellen, deshalb nicht unwahrscheinlich. Und dann gibt es da noch den Vorfall mit dem ehemaligen Pro Josh Swindell. Der war 1993 in einer Bar in Azusa, Kalifornien unterwegs, zusammen mit seinem Freund Danny Way. Der soll angeblich vom 31-jährigen Keith Ogden attackiert worden sein, weshalb Swindell rot sah und Ogden vor der Bar auf brutale Weise zu Tode prügelte (ebenfalls dabei involviert war Steve Mateus, der sich mittlerweile um das Core Marketing und die Athleten bei Rockstar Energy kümmert). So jedenfalls die Schilderung seitens Swindell, der von sich heute selbst sagt, nachdem er 2012 nach fast 20 Jahren wieder aus dem Knast gekommen ist, er sei damals ein kompletter Vollidiot und außerdem ständig betrunken gewesen. Dann gibt es da allerdings auch noch die nicht verstummen wollenden Gerüchte, der Totschlag wäre aus anderen Motiven geschehen. Ogden war nämlich Homosexuell und angeblich soll Swindells Homophobie der wahre Auslöser für die Tat gewesen sein. Ebenso wird immer wieder gemunkelt, Danny Way hätte mehr mit der Sache zu tun, als dass er nur in der Bar anwesend war, doch das bleibt reine Spekulation. Fakt jedoch ist, dass Danny Way seinen Freund nach dessen Freilassung per Instagram willkommen hieß. Was auch immer in dieser Nacht wirklich geschah, es ist nicht gerade eine Ermunterung an Homosexuelle, sich in der Skateszene wohl zu fühlen oder offen mit ihrer sexuellen Neigung umzugehen.

Gay Issue oder Gay Issues?

Einer der das vorhatte ist der aus Miami stammende Tim von Werne, der Teil des Birdhouse Teams war und 1998 in einem Interview mit dem Skateboarder Mag über seine Homosexualität sprach – doch es kam nie zur Veröffentlichung. „Tony Hawk (Mitbegründer von Birdhouse, Anm. d. Red.) hat sich damals mit mir unterhalten und wollte, dass das Interview veröffentlicht wird, aber er wurde zurückgepfiffen von den Leuten, die sich bei Birdhouse um die geschäftliche Seite kümmern. Auf eine Art verstehe ich ihre Argumentation, dass sie einen Großteil ihres Umsatzes im ländlicheren Teil Amerikas machen und davon ausgingen, dass sich das Interview negativ auf ihre Umsätze auswirken würde. Ich hätte mir gewünscht, die Businessleute hätten eine aufgeschlossenere Einstellung vertreten, denn das Interview hätte die Leben von jungen, schwulen Skatern positiv beeinflussen können.“ Um weiter auf professionellem Level Skateboard fahren zu können, hätte Tim seine Homosexualität verheimlichen müssen, was er nicht wollte. Heute lebt der mittlerweile 40-jährige zusammen mit seinem Mann glücklich in London. Einem immer noch aktiven, bekannten Filmer erging es ähnlich wie Tim. Er war um die Jahrtausendwende fest bei einer damals sehr populären Schuhcompany beschäftigt und wurde gefeuert, weil deren Marketing Manager Angst davor hatte, dass sich seine sexuelle Orientierung rumspricht. Homosexualität ist in der Skateindustrie nicht gerne gesehen. Selbst der heterosexuelle Toy Machine Boss Ed Templeton hat so seine Erfahrungen zu dem Thema gemacht. Zu Anfang seiner Karriere, als er gerade erste Schritte in der Kunstszene unternahm und zunehmend in freigeistigen Künstlerkreisen unterwegs war, schockierte er die Skateszene mit seinen künstlerischen Arbeiten (In seiner Ausstellung gab es u.a. Polaroids der erigierten Penisse von ihm und seinen Freunden zu sehen). Ed, der allgemein kein Problem hat sich nackt zu zeigen, bekam daraufhin das Label „schwul“ verpasst, was so weit reichte, dass sogar seine Ehe mit Deanna als Scheinehe angezweifelt wurde. Beim Big Brother Magazine gingen zu der Zeit außerdem derart viele Leserbriefe ein, die Ed wegen seiner angeblichen Homosexualität angriffen, dass die Macher des Magazins den Spieß umdrehten und den „He-Man Ed Haters Club“ gründeten – ihre humorvolle Art, in die Offensive zu gehen. Ed sprach das Thema Homophobie dann auch in seinem ersten Transworld Interview an, denn er war überrascht, wie konservativ Skater sein können und ist es auch heute noch. „Ich finde das traurig. Man glaubt von der Skatecommunity immer, sie sei progressiv und vorwärts denkend. Aber tatsächlich ist sie homophob und rassistisch.“ Um das zu ändern denkt er, ist es nötig, dass sich ein bekannter Pro outet. „Wenn Andrew Reynolds beispielsweise sagen würde er ist schwul, müssten all die Leute die ihn mögen an sich selbst zweifeln und fragen, was das nun bedeutet und ob es eine Rolle spielt. Und viele würden hoffentlich zu der Einsicht kommen, dass es keine Rolle spielt. Ändert das was an seinen Frontside Flips? Natürlich nicht! Es sind aber immer nur kleine Charaktere. Jarrett Berry z.B. war als schwuler Skater auf dem Cover vom Big Brother Magazine.“ Das Bild das Ed anspricht, zeigt Jarrett in arschfreien Chaps auf dem Titelblatt der „Gay Issue“ (2002) ein Handrail Nosegrinden, wodurch er zum ersten öffentlich schwulen Skater wurde. Wie am Cover bereits zu erkennen, näherte sich die Redaktion dem Thema mit ihrem bekannten Brachialhumor, trotzdem fanden sie ein paar wahre Worte, etwa wenn es heißt: „Ich habe Homosexualität nie verstanden, aber ich bin darüber bestimmt auch nicht entsetzt, so wie viele von euch. Für mich ist das entsetzlich. Entsetzlich blöd. Warum sollte man jemanden hassen, weil er anders ist als man selbst? Ich mein, ich mag keine Lakritze, aber ich verurteile niemanden der das tut.“ 2011 hat sich Ex-Big Brother Redakteur Chris Nieratko dann noch einmal mit dem Thema beschäftigt und die transsexuelle Skateboarderin Hillary Thompson für das kanadische King Shit Magazine interviewt. Überraschenderweise war das Echo auf das Interview weitestgehend positiv. Skateboarding zeigte sich von seiner toleranten Seite und die Leistungen von Hillary auf dem Brett wurden anerkannt.

Harte Kerle/schwule Mädchen

Ansonsten wird im Sport oft an der Leistungsfähigkeit von Homosexuellen gezweifelt, wie Frau Dr. Eggeling erklärt. „Männlichkeitsattribute, die wichtig sind beim skaten, werden mit heterosexueller Männlichkeit verbunden. Es gehört zu einem gestandenen Mann, dass er nicht gleich losheult, wenn er sich ein blaues Schienbein holt. Er ist ehrgeizig und kampfesmutig, indem er sich beispielsweise auf irgendwelche Rails stürzt. Das aber assoziieren wir alles mit einer Männlichkeit, die heterosexuell orientiert ist. Das geläufige Bild eines Schwulen ist ja eher: weich, zickig, ein bisschen weiblich, also ein bisschen effeminiert.“ Natürlich sind das bloße Vorurteile, schließlich gibt es unter Schwulen ebenfalls waschechte Machos, die mit ihrer Männlichkeit und Härte prahlen. Abgesehen davon entdeckt Skateboarding doch gerade sowieso vermehrt seine weibliche Seite bzw. eine neue, sanftere Männlichkeit. Daniel Lutheran etwa lackiert sich die Fingernägel genau so wie Dylan Rieder, das Style Vorbild einer ganzen Generation, der sich auch in der nicht gerade als Männerdomäne bekannten Modewelt sehr gut aufgehoben fühlt. Ebenso sein Freund Alex Olson, der mit seinen Outfits (z.B. Halstücher) und vor allem mit seiner neuen Company „Bianca Chândon“ mit Versatzstücken der homosexuellen Szene spielt (die „Fire Island“ Shirts etwa verweisen auf ein beliebtes Ausflugsziel von Homosexuellen in der Nähe von New York, Anm. d. Red.). Im neuen Supreme Video scheut er sich auch nicht mit Zöpfen zu skaten, einer Frisur, die sonst eher von kleinen Mädchen als von Skatern getragen wird. Im gleichen Video wird auch häufig mit freiem Oberkörper durch die Gegend gerollt. Bei soviel nackter, verschwitzter Männerhaut im Sucher könnte man sich durchaus wundern, aber jegliche homoerotischen Konnotationen würden da, genau wie beim Torjubel im Fußball, schnell abgewiegelt meint Dr. Eggeling. „Sowas funktioniert nur unter der Maßgabe, dass es sich hierbei um heterosexuelle Männlichkeit handelt. Das Skaten hat ja auch viel damit zu tun, sich in Szene zu setzen, also nicht nur die Tricks sportlich gut zu können, sondern sich auch selbst in Szene zu setzen. Dann sagt ein freier Oberkörper nichts anderes aus, als dass eine neue Art der Zurschaustellung des eigenen Körpers Einzug gehalten hat. Und Homo-Erotik gibt es dann ja sowieso nicht – in diesem Moment geht es nämlich nur um den Sport. Und Sport ist sowieso per se sexfrei.“

Aber ey, no homo!

Im Grunde wäre es wünschenswert, wenn Sexualität ganz allgemein keine Rollen spielen würde im Skateboarding, das tut sie aber leider nach wie vor, wie Cpt. Cracker berichten kann, der die Aussagen der Expertin bestätigt. „Ich denke, dass Skateboarding über die Jahre eine starke homophobe Tradition aufgebaut hat, die heute bei vielen Aktiven tief in diesem Lebensstil verwurzelt ist. Mit homophob meine ich damit gar nicht mal in erster Linie Schwulenfeindlichkeit sondern das Zelebrieren von ‘Männlichkeit’. Sich für einen Lebensstil dreckig und kaputt zu machen, immer wieder aufzustehen, um irgendeinen Trick zu landen, motiviert einzig und allein davon sich selbst bzw. die Herausforderung zu überwinden, das ist für mich eine typisch männliche Verhaltensweise. Skateboarding ist Männersport. Das ist sogar schon ein gesellschaftlich verwurzeltes Vorurteil. Pack doch mal fünf Skater für vier Stunden in ein Auto – da möchtest du keine Frau sein – oder schwul.“ Aber sind wir wirklich so ein schlimmer Haufen? Sind wir ungehobelte Büffel? In der Evolution steckengebliebene Primaten die sich ständig lauthals auf die Brust trommeln? Nun ja, nicht zwangsweise immer absichtlich, aber unbewusst kann durchaus selbst von, in ihrer Eigenwahrnehmung aufgeklärten und weltoffenen Skatern ein Klima geschaffen werden, welches schwulen Skatern kein gutes Gefühl vermittelt. „No homo“ ist so ein Spruch, der sich in den Sprachgebrauch eingeschlichen hat und Homosexualität negativ belegt, ebenso wie „schwul“, das synonym für schwächlich, unstylish oder schlecht benutzt wird. Da ist dann ein Trick etwa „voll schwul“, oder die Boardgrafik sieht „übelst gay“ aus. „Ich glaube, dass solche Aussagen nicht immer so beleidigend gemeint sind, wie sie aber tatsächlich ankommen können oder dass eine Person, die solch eine Aussage trifft am Ende Schwule und Lesben automatisch scheiße findet“, sagt Frau Dr. Eggeling dazu, „die Kehrseite allerdings ist, dass der schwule Skater in diesem Moment mit einer solchen Aussage gezeigt bekommt, dass schwul sein ganz klar Mist ist. Andererseits würde niemand sagen: ‘Das sieht ja aus wie ein Niggertrick.’ Das hat heutzutage jeder begriffen. Warum sollte das bei Homosexualität denn anders sein? Mir geht es darum ein Bewusstsein zu schaffen, was man mit Worten anrichten kann, jenseits der Haltung, die man selbst hat.“ Nur zu sagen, man ist liberal und jeder könne machen was er will reicht demnach nicht, eine Veränderung der Situation herbeizuführen. Es ist an der Zeit das Thema offensiv anzugehen. Warum nicht Boardgrafiken, die sich explizit gegen Homophobie richten? Warum nicht ein öffentliches Outing eines bekannten Pros, anstatt wie bisher lediglich stillschweigende Akzeptanz von Pros die bekanntermaßen schwul sind (Wer seine Ohren in der Skateszene ein wenig offen hält, weiß wer gemeint ist und es gibt wohl weitaus mehr als die bisher bekannten. Statistisch gesehen sind etwa 5-10% der Bevölkerung schwul. You do the math!). Was sollte passieren?

Schwul – und dann?

Pat Lindenberger von Trap Skateboards sieht die Auswirkungen allerdings als durchaus nicht zu unterschätzend an: „In den USA würdest du auf jeden Fall weniger Boards verkaufen, weil Amerika nicht nur aus NYC und Cali besteht. Die Hillbillys haben für sowas kein Verständnis.“ Für Deutschland gibt er jedoch eine positivere Prognose: „In Deutschland juckt das doch keinen Arsch, wer schwul ist und wer nicht, da Skaten meist in großen Städten stattfindet.“ Und auch Cpt. Cracker sieht andere Probleme als maßgeblicher an: „Selbst wenn unser ganzes Team schwul wäre, hätte ich in der öffentlichen Wahrnehmung immer noch mehr mit der Tatsache zu kämpfen, dass uns einige Leute vorwerfen, dass wir als ‘Core Board Company’ auch Longboards machen. Da kann ich nur sagen: Irgendwasistimmer.“ Jan Kliewer geht noch einen Schritt weiter und erkennt sogar ein gewisses Potenzial wenn er sagt, „die NBA-Jerseys von Jason Collins (offen schwuler Spieler, Anm. d. Red.) gehen immerhin weg wie warme Semmeln“. Und auch Tim von Werne denkt, die negativen Reaktionen, die ein Outing nach sich ziehen könnte, werden überschätzt und findet Skateboarding ist bereit für einen schwulen Pro. „Ich gehe davon aus, dass es direkt nach dem Outing eines Pros viele Kommentare gäbe, aber das würde abflachen und die Leute würden denjenigen dann danach beurteilen, wie gut er Skateboard fährt.“ Doch wie auch immer sich ein Outing auf die Boardverkäufe auswirken würde, diese Frage ist am Ende des Tages zweitranging. In erster Linie sollte der Fokus darauf gelegt werden, ein Klima zu schaffen, in dem sich jeder wohl fühlt, egal was er mit seinem Penis nach dem Skaten am liebsten anstellt. Lernen kann die Szene dabei von den Menschen ohne Penis. In Sachen Umgang mit Homosexualität sind Skaterinnen ihren männlichen Kollegen nämlich eindeutig einen Schritt voraus. Lacey Baker und Vanessa Torres etwa sprachen in der Web-Show „Weekend Buzz“ offen darüber dass sie lesbisch sind und es war kein Problem. Wie man solch eine Lockerheit auch unter testosterondurchzuckten Platzhirschen schaffen könnte, dazu gibt Anna Groß Tipps, die sich mit „Suck my Trucks“ für Frauen im Skateboarding stark macht und allgemein für mehr Toleranz wirbt. Sie rät, „sich weniger einschüchtern lassen, von Menschen, die als ‘anders’ wahrgenommen werden und gleichzeitig auch den Arsch in der Hose haben, damit offen umzugehen. Es hilft, eine eigene Meinung zu haben und die auch zu vertreten. Und nicht nur nachzuplappern, was der Rest der Crew einem vorbetet. Aber gleichzeitig sollten die Jungs auch endlich mal aufhören, davon auszugehen, dass alle Skaterinnen lesbisch sind. Denn genauso wie auch nicht alle Fußballerinnen lesbisch sind, sind Skaterinnen genau so hetero, queer, lesbisch, bi oder was auch immer.“ Unverkrampft, offen und locker, solch ein Umgang mit dem Thema wäre wünschenswert, schließlich klappt das in anderen Bereichen auch, wie Frau Dr. Eggeling weiß: „Nicht alle Skatekids aus Kreuzberg, die zusammen skaten sind Kinder von Hartz 4-Empfängern. Da kann auch mal ein Professorensohn dabei sein. Das können die aber gut aushalten. Warum können sie es dann nicht aushalten, dass da eben jemand vielleicht auch eine andere sexuelle Orientierung hat?“

Dass ist die Frage, die sich stellt und sich eigentlich nicht stellen sollte. Es wäre schön, wenn Homosexualität im Skateboarding zu einer absoluten Normalität werden würde, so dass man das Thema nicht weiter aufs Griptape zerren, sondern unter der Bettdecke lassen könnte, wo es eigentlich hingehört. Oder wie Polar Macher Pontus Alv, der vor einigen Jahren zusammen mit Vincent Gootzen Teil einer kontroversen Carhartt Anzeige war, in der sie nackt und mit Erektion zusammen auf einer Couch saßen, es auf den Punkt bringt: „Was die Menschen in ihren Schlafzimmern anstellen interessiert mich nicht.“ Hoffen wir, dass die Skateszene allgemein bald an diesen Punkt gelangt.

Mehr zum Thema gibt es bei einem Interview mit der Expertin Dr. Tatjana Eggeling bzw. unserem Interview mit Jan Wittke, sowie natürlich in unserer Ausgabe #334.

Geschäftsbedingungen

Gib bitte deine Email Adresse an, damit wir dich mit News, Updates und den neuesten Angeboten versorgen können. Falls du nicht mehr interessiert bist, kannst du dich jederzeit abmelden. Wir geben deine Daten nicht an Dritte weiter und werden dir nur Nachrichten schicken, die dich auch interessieren. Versprochen!

Read our full Privacy Policy as well as Terms & Conditions.

production